Im folgenden Artikel werden wir untersuchen, unter welchen Voraussetzungen die Umkehrfunktion einer bijektiven Funktion in einem Punkt differenzierbar ist. Außerdem werden wir eine Formel herleiten, mit der wir die Ableitung der Umkehrfunktion explizit bestimmen können. Das praktische an dieser ist, dass wir damit die Ableitung an bestimmten Punkten bestimmen können, selbst wenn wir die Umkehrfunktion nicht explizit kennen.

Motivation

Betrachten wir zunächst als Beispiel eine lineare Funktion. Für diese ist es sehr einfach, die Ableitung der Umkehrfunktion zu bestimmen. Nicht-konstante lineare Funktionen sind nämlich auf ganz \mathbb{R} bijektiv und damit umkehrbar. In diesem Fall können wir die Umkehrfunktion explizit berechnen und danach ableiten. Konkret wählen wir f:\mathbb{R} \to \mathbb{R} mit f(x)=2x-1. Die Umkehrfunktion lautet
f^{{-1}}:\mathbb{R} \to \mathbb{R} :f^{{-1}}(y)={\tfrac {1}{2}}y+{\tfrac 12}
f^{{-1}} ist auf ganz \mathbb{R} differenzierbar und (f^{{-1}})'(y)={\frac {1}{2}} für alle y\in \mathbb{R} .
Betrachten wir als nächstes die Funktion f(x)=x^{2}. Hier müssen wir zunächst aufpassen, da sie nicht auf ganz \mathbb{R} injektiv, und damit nicht umkehrbar ist. Schränken wir den Definitions- und Wertebereich jedoch auf \mathbb{R} _{0}^{+} ein, so ist f:\mathbb{R} _{0}^{+}\to \mathbb{R} _{0}^{+},\ f(x)=x^{2} bijektiv. Die Umkehrfunktion ist die Quadratwurzelfunktion
f^{{-1}}:\mathbb{R} _{0}^{+}\to \mathbb{R} _{0}^{+}:f^{{-1}}(y)={\sqrt {y}}
Bei der Differenzierbarkeit müssen wir eine weitere Sache beachten: f^{{-1}} ist in y=0 nicht differenzierbar. Dies können wir mit Hilfe des Differentialquotienten, oder auch durch die folgende Überlegung zeigen:
Da die Wurzelfunktion f^{{-1}} die Umkehrfunktion der Quadratfunktion f ist, gilt f^{{-1}}\circ f={\text{id}}. In null gilt damit insbesondere
\underbrace {f^{{-1}}(f(0))}_{{=f^{{-1}}(0)}}={\text{id}}(0)
Wäre nun f^{{-1}} in null differenzierbar, würde mit der Kettenregel
\underbrace {(f^{{-1}})'(f(0))\cdot \overbrace {f'(0)}^{{=0}}}_{{=0}}=\underbrace {{\text{id}}'(0)}_{{=1}}
gelten. Also kann f^{{-1}} in null nicht differenzierbar sein. Auf \mathbb{R} ^{+} ist f^{{-1}} hingegen differenzierbar, und es gilt
(f^{{-1}})'(y)={\tfrac {1}{2{\sqrt {y}}}}
Dieses Beispiel zeigt also, dass es vorkommen kann, dass f^{{-1}} nicht auf dem gesamten Definitionsbereich differenzierbar ist, obwohl f überall differenzierbar war. Konkret liegt das daran, dass f'(f^{{-1}}(0))=f'(0)=0 ist, wie wir später sehen werden.
In den beiden Beispielen war es also relativ einfach die Ableitung der Umkehrfunktion zu bestimmen. Wie sieht es aber mit komplizierteren Funktionen, zum Beispiel \ln als Umkehrfunktion von \exp aus? Hier können wir nicht so einfach die Ableitung der Umkehrfunktion berechnen. Oder was passiert, wenn sich eine bijektive Funktion gar nicht explizit umkehren lässt? Gibt es dann dennoch eine Möglichkeit die Ableitung der Umkehrfunktion zu bestimmen? In diesen Fällen wäre es natürlich gut, wenn wir eine allgemeine Formel hätten, mit der wir die Ableitung von f^{{-1}} aus der Ableitung von f bestimmen könnten. Wenn wir uns die Ableitung aus dem zweiten Beispiel nochmal ansehen, dann fällt Folgendes auf:
(f^{{-1}})'(y)={\tfrac {1}{2{\sqrt {y}}}}={\tfrac {1}{2f^{{-1}}(y)}}={\tfrac {1}{f'(f^{{-1}}(y))}}
Da f^{{-1}}(y)={\sqrt {y}} für alle y\in \mathbb{R} ^{+} und f'(x)=2x für alle x\in \mathbb{R} ^{+} ist. Sehen wir uns das erste Beispiel nochmal an, so gilt dort ebenfalls
(f^{{-1}})'(y)={\tfrac {1}{2}}={\tfrac {1}{f'(f^{{-1}}(y))}}
Die Frage ist nun, ob dies Zufall ist, oder ob diese Formel unter gewissen Voraussetzungen auch allgemein gilt? Setzen wir voraus, dass f:D\to W in {\tilde x}\in D und f^{{-1}}:W\to D in {\tilde y}=f({\tilde x})\in W differenzierbar ist, dann können wir uns die Formel allgemein herleiten. Dazu verwenden wir denselben Ansatz, den wir oben für die Nicht-Differenzierbarkeit der Quadratwurzelfunktion in null verwendet haben: Für alle y\in W gilt
y=f(f^{{-1}}(y))
Leiten wir nun auf beiden Seiten an der Stelle {\tilde y} ab, so gilt nach der Kettenregel
1=f'(f^{{-1}}({\tilde y}))\cdot (f^{{-1}})'({\tilde y})
Hierbei haben wir verwendet, dass f in f^{{-1}}({\tilde y})={\tilde x} und f^{{-1}} in {\tilde y} differenzierbar sind. Nun dividieren wir noch auf beiden Seiten durch f'(f^{{-1}}({\tilde y})) (geht natürlich nur, wenn der Ausdruck ungleich null ist), und erhalten
(f^{{-1}})'({\tilde y})={\frac {1}{f'(f^{{-1}}({\tilde y}))}}
beziehungsweise
(f^{{-1}})'(f({\tilde x}))={\frac {1}{f'({\tilde x})}}
Die Formel gilt also unter diesen Voraussetzungen auch allgemein. Die Frage ist nun noch, unter welchen Bedingungen an f die Ableitung von f^{{-1}} sicher existiert.
Unter genau diesen Voraussetzungen werden wir einen Satz formulieren und beweisen. Anschließend untersuchen wir noch ein paar Beispiele.

Satz über die Ableitung der Umkehrfunktion error: TODO

Satz und Beweis

Satz: Ableitung der Umkehrfunktion
Seien D,W\subseteq \mathbb{R} und D ein Intervall. Weiter sei f:D\to W eine surjektive, streng monotone Funktion, die in {\tilde x}\in D differenzierbar ist mit f'({\tilde x})\neq 0. Dann hat f eine Umkehrfunktion f^{{-1}}:W\to D, die in {\tilde y}:=f({\tilde x}) differenzierbar ist, und es gilt:
(f^{{-1}})'({\tilde y})={\frac {1}{f'(f^{{-1}}({\tilde y}))}}
Erklärung
Anmerkungen:
  • Die Surjektivität von f ist gleichwertig mit W=f(D).
  • Ist f auf ganz D differenzierbar, so lässt sich nach dem error: internal links not implemented, yet! die strenge Monotonie am einfachsten duch f'>0 beziehungsweise f'<0 überprüfen.
  • Wie wir an der Ableitung der Quadratwurzelfunktion y\mapsto {\sqrt {y}} in {\tilde y}=f({\tilde x})=0 oben gesehen haben, darf die Voraussetzung f'({\tilde x})\neq 0 auf keinen Fall weggelassen werden.
  • Der Satz gilt auch noch etwas allgemeiner, falls D kein Intervall ist. Dann muss aber zusätzlich gefordert werden, dass f^{{-1}} in {\tilde y} stetig ist. Außerdem müssen {\tilde x} beziehungsweise {\tilde {y}} Häufungspunkte von D beziehungsweise W sein.
  • Ist f zusätzlich noch stetig, so folgt, nach dem error: internal links not implemented, yet! , dass W ein Intervall ist.
ZusammenfassungZunächst begründen wir, dass f^{{-1}} existiert. Anschließend folgern wir mit Hilfe des Satzes über die Stetigkeit der Umkehrfunktion, dass f stetig ist. Danach zeigen wir, dass der Differentialquotient \lim \limits _{{y\to {\tilde {y}}}}{\tfrac {f^{{-1}}(y)-f^{{-1}}({\tilde y})}{y-{\tilde y}}} existiert, und den Wert {\tfrac {1}{f'(f^{{-1}}({\tilde y}))}} hat. Das heißt, dass für jede Folge (y_{n}) mit y_{n}\to {\tilde y} gilt \lim \limits _{{n\to \infty }}{{\tfrac {f^{{-1}}(y_{n})-f^{{-1}}({\tilde y})}{y_{n}-{\tilde y}}}}={\tfrac {1}{f'(f^{{-1}}({\tilde y}))}}.
Beweis
f:D\to W ist surjektiv und streng monoton, also bijektiv. Also existiert die Umkehrfunktion f^{{-1}}:W\to D. Da wir angenommen haben, dass D ein Intervall ist folgt, nach dem Satz über die Stetigkeit der Umkehrfunktion, dass f^{{-1}} stetig auf W ist. Es gilt damit \lim \limits _{{y\to {\tilde y}}}{f^{{-1}}(y)}=f^{{-1}}({\tilde y}) mit {\tilde y}:=f({\tilde x})\in W. Sei nun (y_{n})_{{n\in \mathbb{N} }}=(f(x_{n}))_{{n\in \mathbb{N} }} eine Folge in W mit \lim _{{n\to \infty }}y_{n}={\tilde {y}}, dann gilt
{\begin{aligned}&\lim \limits _{{n\to \infty }}{{\frac {f^{{-1}}(y_{n})-f^{{-1}}({\tilde y})}{y_{n}-{\tilde y}}}}\\[0.3em]&{\color {OliveGreen}\left\downarrow \ f(f^{{-1}}(y_{n}))=y_{n}{\text{ und }}f(f^{{-1}}({\tilde y}))={\tilde y}\right.}\\[0.3em]=\ &\lim \limits _{{n\to {\tilde \infty }}}{{\frac {f^{{-1}}(y_{n})-f^{{-1}}({\tilde y})}{f(f^{{-1}}(y_{n}))-f(f^{{-1}}({\tilde y}))}}}\\[0.3em]=\ &\lim \limits _{{n\to \infty }}{{\frac {1}{{\frac {f(f^{{-1}}(y_{n}))-f(f^{{-1}}({\tilde y}))}{f^{{-1}}(y_{n})-f^{{-1}}({\tilde y})}}}}}\\[0.3em]&{\color {OliveGreen}\left\downarrow \ f^{{-1}}(y_{n})=x_{n}{\text{ und }}f^{{-1}}({\tilde y})={\tilde {x}}\right.}\\[0.3em]=\ &\lim \limits _{{n\to \infty }}{\frac {1}{{{\frac {f(x_{n})-f({\tilde x})}{x_{n}-{\tilde x}}}}}}\\[0.3em]=\ &{\frac {1}{\lim \limits _{{n\to \infty }}{{\frac {f(x_{n})-f({\tilde x})}{x_{n}-{\tilde x}}}}}}\\[0.3em]&{\color {OliveGreen}\left\downarrow \ f{\text{ differenzierbar in }}{\tilde x}\right.}\\[0.3em]=\ &{\frac {1}{f'({\tilde x})}}\\[0.3em]=\ &{\frac {1}{f'(f^{{-1}}({\tilde y}))}}\end{aligned}}
Also ist f^{{-1}} in {\tilde y} differenzierbar und es gilt (f^{{-1}})'({\tilde y})={\frac {1}{f'(f^{{-1}}({\tilde y}))}}.
Eine weitere Beweismöglichkeit benutzt eine äquivalente Charakterisierung der Ableitung: f ist in {\tilde x}\in D genau dann differenzierbar, wenn es eine in {\tilde x} stetige Funktion \varphi :D\to W gibt mit
f(x)-f({\tilde x})=\varphi (x)(x-{\tilde x})
Ist dies der Fall, so gilt \varphi ({\tilde x})=f'({\tilde x}). Da weiter nach Voraussetzung f({\tilde x})=\varphi ({\tilde x})\neq 0 und f streng monoton ist, folgt \varphi (x)\neq 0 für alle x\in D. Setzen wir nun y=f(x) und x=f^{{-1}}(y), so lautet die obige Gleichung
y-{\tilde y}=\varphi (f^{{-1}}(y))(f^{{-1}}(y)-f^{{-1}}({\tilde y}))
Dies ist nun äquivalent zu
f^{{-1}}(y)-f^{{-1}}({\tilde y})={\frac {1}{\varphi (f^{{-1}}(y))}}(y-{\tilde y})
Da \varphi und f^{{-1}} in {\tilde y}=f({\tilde x})\in W stetig sind, ist auch {\tfrac {1}{\varphi \circ f^{{-1}}}} stetig in {\tilde y}. Benutzen wir nun nochmal die äquivalente Cahrakterisierung der Stetigkeit, so folgt aus der letzten Gleichung, dass f^{{-1}} differenzierbar ist in {\tilde y} mit
(f^{{-1}})'({\tilde y})={\frac {1}{\varphi (f^{{-1}}({\tilde y}))}}={\frac {1}{f'(f^{{-1}}({\tilde y}))}}

Merkregel und graphische Veranschaulichung zur Formel

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Mit Hilfe der Leibnizschen Notation für die Ableitung lässt sich die Formel der Ableitung der Umkehrfunktion durch einen einfachen Bruchrechentrick veranschaulichen: Für f^{{-1}}(y)=x und f(x)=y gilt
{\frac {{\mathrm {d}}x}{{\mathrm {d}}y}}={\frac {1}{{\frac {{\mathrm {d}}y}{{\mathrm {d}}x}}}}
Auch graphisch können wir die Formel klar machen: Ist die Funktion f im Punkt x_{0} differenzierbar, so entspricht f'(x_{0}) der Steigung der Tangente an dem Graphen in (x_{0}|f(x_{0})). Es gilt daher
f'(x_{0})={\frac {{\mathrm {d}}y}{{\mathrm {d}}x}}=m
Den Graphen der Umkehrfunktion erthalten wir nun in zwei Schritten:
  1. Zunächst müssen wir den Graphen von f um 90^{\circ } (im bzw. gegen den Uhrzeigersinn) drehen. Der daraus entstandene Graph hat im Punkt x_{0} die Steigung -{\tfrac 1m}, da die Tangente in diesem Punkt senkrecht auf der ursprünglichen Tangente steht.
  2. Anschließend müssen wir den Graphen noch (horizontal bzw. vertikal) spiegeln. Dabei dreht sich das Vorzeichen der Tangentensteigung um.
Insgesamt erhalten wir
(f^{{-1}})'(f(x_{0}))=(f^{{-1}})'(y_{0})={\frac {{\mathrm {d}}x}{{\mathrm {d}}y}}=-\left(-{\frac 1m}\right)={\frac 1m}

Umkehrung des Satzes und Erweiterung auf gesamten Definitionsbereich

Es gilt auch die folgende Umkehrung des Satzes:
Satz: Umkehrung des Satzes von der Ableitung der Umkehrfunktion
Seien D,W\subseteq \mathbb{R} und D ein Intervall. Weiter sei f:D\to W eine surjektive, streng monotone Funktion, die in {\tilde x}\in D differenzierbar ist. Ist weiter die Umkehrfunktion f^{{-1}}:W\to D in {\tilde y}:=f({\tilde x}) differenzierbar, dann gilt: f'({\tilde x})\neq 0 und
(f^{{-1}})'({\tilde y})={\frac {1}{f'(f^{{-1}}({\tilde y}))}}
Beweis
Der Beweis funktioniert mit dem Trick aus der Einleitung. Es gilt für alle x\in D die Gleichung
f^{{-1}}(f(x))=x
Unter den Voraussetzungen ist die linke Seite mit der Kettenregel in {\tilde x}\in D differenzierbar mit
(f^{{-1}})'(f({\tilde x}))\cdot f'({\tilde x})=1
Wegen der Nullteilerfreiheit von \mathbb{R} muss daher f'({\tilde x})\neq 0 sein, und es folgt
(f^{{-1}})'(f({\tilde x}))={\frac {1}{f'({\tilde x})}}
Fordern wir nun zusätzlich im ursprünglichen Satz, dass f auf ganz D differenzierbar ist mit f'\neq 0. Dann können wir die Ableitungsfunktion von f^{{-1}} auf ganz W bestimmen:
Satz: Ableitungsfunktion der Umkehrfunktion
Seien D,W\subseteq \mathbb{R} und D ein Intervall. Weiter sei f:D\to W eine surjektive differenzierbare, streng monotone Funktion, und es gelte f'(x)\neq 0 für alle x\in D. Dann hat f eine differenzierbare Umkehrfunktion, und es gilt:
(f^{{-1}})'={\frac {1}{f'\circ f^{{-1}}}}

Beispiele

Beispiel: lineare Funktionen
Beispiel
Sei a\in \mathbb{R} \setminus \{0\}, b\in \mathbb{R} und
f:\mathbb{R} \to \mathbb{R} ,\ f(x)=ax+b
eine lineare Funktion. Dann ist f surjektiv und streng monoton steigend, falls a>0, sowie streng monoton fallend, falls a<0. Außerdem ist f auf ganz \mathbb{R} differenzierbar mit der Ableitung f'\equiv a. Nach dem Satz über die Ableitung der Umkehrfunktion gilt somit für alle y\in \mathbb{R}
(f^{{-1}})'(y)={\frac {1}{f'(f^{{-1}}(y))}}={\frac {1}{a}}
Dies hätten wir auch, wie oben, direkt nachrechnen können.
Beispiel: Wurzelfunktionen
Beispiel
Sei für k\in \mathbb{N}
f:\mathbb{R} ^{{+}}\to \mathbb{R} ^{+},\ f(x)=x^{{k}}
Dann ist f differenzierbar und hat die Ableitung f'(x)=kx^{{k-1}}>0. Ist also monoton steigend. Außerdem ist f surjektiv. Die Umkehrfunktion ist die k-te Wurzelfunktion
f^{{-1}}:\mathbb{R} ^{+}\to \mathbb{R} ^{+},\ f^{{-1}}(y)={\sqrt[ {k}]{y}}
Für jedes y\in \mathbb{R} ^{+} folgt dann Mithilfe des Satzes über die Ableitung der Umkehrfunktion
(f^{{-1}})'(y)={\frac {1}{f'(f^{{-1}}(y))}}={\frac {1}{k{\sqrt[ {k}]{y}}^{{k-1}}}}.
Ist k ungerade, so gilt die Formel für alle y\in \mathbb{R} .
Beispiel: Logarithmusfunktion
Beispiel
Betrachten wir noch die Exponentialfunktion
f:\mathbb{R} \to \mathbb{R} ^{+},\ f(x)=\exp(x)
Dann ist f'=\exp . Also ist die Funktion differenzierbar, und wegen f'>0 streng monoton steigend. Außerdem ist f surjektiv. Die Umkehrfunktion ist die (natürliche) Logarithmusfunktion
f^{{-1}}:\mathbb{R} ^{+}\to \mathbb{R} ,\ f^{{-1}}(y)=\ln y
Aus unserem Satz folgt nun für jedes y\in \mathbb{R} ^{+}:
(f^{{-1}})'(y)={\frac {1}{f'(f^{{-1}}(y))}}={\frac {1}{e^{{\ln y}}}}={\frac {1}{y}}

Übungsaufgaben

Übung: Ableitung der Umkehrfunktion
Zeigen Sie, dass die Funktion
f:\mathbb{R} ^{+}\to \mathbb{R} :x\mapsto f(x)=-4x^{2}-3-2\ln(x)
eine differenzierbare Umkehrfunktion f^{{-1}} besitzt. Bestimmen Sie den Definitionsbereich von f^{{-1}} und berechnen Sie (f^{{-1}})'(-7).
Wir müssen sauber nacheinander alle Voraussetzungen des Satzes über die Ableitung der Umkehrfunktion überprüfen.
Beweisschritt: f ist surjektiv
f ist stetig auf \mathbb{R} ^{+} als Komposition stetiger Funktionen. Außerdem gilt
{\begin{aligned}\lim _{{x\to 0+}}f(x)&=\infty \\\lim _{{x\to \infty }}f(x)&=-\infty \end{aligned}}
Nach dem Zwischenwertsatz gibt es daher zu jedem y\in \mathbb{R} ein x\in \mathbb{R} ^{+} mit f(x)=y. Damit ist f surjektiv.
Beweisschritt: f ist streng monoton
f ist auf \mathbb{R} ^{+} differenzierbar als Komposition differenzierbarer Funktionen, und
f'(x)=-8x-{\frac 2x}<0
für alle x\in \mathbb{R} ^{+}. Nach dem Monotoniekriterium ist f damit streng monoton fallend, und daher injektiv auf \mathbb{R} ^{+}.
Also ist f bijektiv, und hat somit eine Umkehrabbildung f^{{-1}}:\mathbb{R} \to \mathbb{R} ^{+}. Der Definitionsbereich \mathbb{R} entspricht dem Wertebereich von f.
Beweisschritt: f ist differenzierbar auf \mathbb{R} ^{+} und f'(x)\neq 0 für alle x\in \mathbb{R} ^{+}
Die Differenzierbarkeit wurde in Schritt 2 schon begründet. Wegen f'(x)<0 gilt auch f'(x)\neq 0 für alle x\in \mathbb{R} ^{+}.
Nach dem Satz über die Ableitung der Umkehrfunktion ist diese auf ganz \mathbb{R} differenzierbar.
Beweisschritt: Berechnung von (f^{{-1}})'(-7)
Es gilt f(1)=-4-3-2\ln(1)=-7. Daher ist f^{{-1}}(-7)=1, und mit der Formel für die Ableitung der Umkehrfunktion ist
(f^{{-1}})'(-7)={\frac {1}{f'(1)}}={\frac {1}{-8-{\frac 21}}}=-{\frac {1}{10}}
Übung: Zweite Ableitung der Umkehrfunktion
Sei f:(a,b)\to (c,d) mit -\infty \leq a<b\leq \infty , und -\infty \leq c<d\leq \infty eine zweimal differenzierbare bijektive Funktion mit f'>0. Begründe, dass die Umkehrfunktion f^{{-1}} zweimal differenzierbar ist und drücken Sie die zweite Ableitung von f^{{-1}} an der Stelle y\in (c,d) durch Ableitungen von f an geeigneter Stelle aus.
Als Anwendung: Berechne für das Polynom f(x)=x^{3}+2x+4 die Ableitungen (f^{{-1}})'(1) und (f^{{-1}})''(1).
Beweisschritt: Existenz und Bestimmung der ersten Ableitung von f^{{-1}}
(a,b) ist ein Intervall und f ist bijektiv. Wegen y\in (c,d) gibt es ein x\in (a,b) mit f(x)=y. Da f'>0 ist f'(x)\neq 0. Nach dem Satz über die Ableitung der Umkehrfunktion ist f^{{-1}} in y differenzierbar mit
(f^{{-1}})'(y)={\frac {1}{f'(f^{{-1}}(y))}}
Beweisschritt: Existenz und Bestimmung der zweiten Ableitung von f^{{-1}}
f ist zweimal differenzierbar. Dies bedeutet, dass f' differenzierbar ist. Nach der Quotienten- und Kettenregel ist damit (f^{{-1}})'={\tfrac {1}{f'\circ f^{{-1}}}} in y ebenfalls differenzierbar und es gilt
(f^{{-1}})''(y)={\frac {0-f''(f^{{-1}}(y))\cdot (f^{{-1}})'(y)}{(f'(f^{{-1}}(y)))^{2}}}=-{\frac {f''(f^{{-1}}(y))}{(f'(f^{{-1}}(y)))^{2}\cdot f'(f^{{-1}}(y))}}=-{\frac {f''(f^{{-1}}(y))}{(f'(f^{{-1}}(y)))^{3}}}
Beweisschritt: Berechnung der Ableitungen (f^{{-1}})'(1) und (f^{{-1}})''(1)
f ist auf \mathbb{R} differenzierbar mit f'(x)=3x^{2}+2>0. Also ist f streng monoton steigend und damit injektiv. Wegen \lim _{{x\to \pm \infty }}f(x)=\pm \infty ist nach dem Zwischenwertsatz f:\mathbb{R} \to \mathbb{R} auch surjektiv. Also insgesamt bijektiv. Mit f(-1)=(-1)^{3}+2(-1)+4=1\iff f^{{-1}}(1)=-1 folgt nun aus dem Satz über die Ableitung der Umkehrfunktion
(f^{{-1}})'(1)={\frac {1}{f'(f^{{-1}}(1))}}={\frac {1}{f'(-1)}}={\frac {1}{3(-1)^{2}+2}}={\frac 15}
Weiter ist f zweimal differenzierbar mit f''(x)=6x. Mit der in Schritt 2 bewiesenen Formel gilt daher
(f^{{-1}})''(1)=-{\frac {f''(f^{{-1}}(1))}{(f'(f^{{-1}}(1)))^{3}}}=-{\frac {f''(-1)}{(f'(-1))^{3}}}=-{\frac {6(-1)}{(3(-1)^{2}+2)^{3}}}={\frac {6}{5^{3}}}={\frac {6}{125}}