Motivation

In dem letzten Kapitel haben wir den Begriff des Grenzwerts einer Folge kennengelernt. Du hast auch gesehen, wie man die Konvergenz einer Folge mit Hilfe der Epsilon-Definition des Grenzwerts beweisen kann. Für den Konvergenzbeweis mit der Epsilon-Definition ist es aber notwendig, den Grenzwert der Folge zu kennen bzw. eine Vermutung zu haben, was der Grenzwert der Folge sein könnte.
Die Epsilon-Definition des Grenzwerts lautet nämlich: Zu jedem \epsilon >0 gibt es ein N\in \mathbb{N} , so dass die Ungleichung |a_{n}-a|<\epsilon für alle n\geq N erfüllt ist. Dabei ist a der Grenzwert der Folge (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }}. Du siehst: In der Epsilon-Definition muss man den Grenzwert a kennen. Doch wie können wir die Konvergenz einer Folge zeigen, wenn es sehr schwer oder sogar unmöglich ist, den Grenzwert der Folge zu bestimmen? Deshalb steht in diesem Kapitel folgende Frage im Vordergrund:
Wie kann man beweisen, dass eine Folge konvergiert, ohne den Grenzwert dieser Folge zu kennen?
Wie würdest du dieses Problem lösen? Ein erster Ansatz ist folgende Hypothese:
Eine Folge konvergiert genau dann, wenn der Abstand zwischen benachbarten Folgengliedern beliebig klein wird.
Diese Hypothese ist plausibel. Ist aber dieses Kriterium ausreichend? Leider nicht! Nimm zum Beispiel die Folge
(x_{n})_{{n\in \mathbb{N} }}=\left(1,\,2,\,2{\tfrac 12},\,3,\,3{\tfrac 13},\,3{\tfrac 23},\,4,\,4{\tfrac 14},\,4{\tfrac 24},\,\ldots \right)
Die Folge wird beliebig groß und divergiert damit. Der Abstand benachbarter Folgenglieder wird aber beliebig klein. Hier siehst du, dass wir ein stärkeres Kriterium als unsere obige Hypothese benötigen. Cauchy-Folgen erfüllen genau dieses stärkere Kriterium.

Herleitung von Cauchy-Folgen

Nehmen wir die Epsilon-Eigenschaft des Grenzwerts und „spielen“ ein wenig damit herum. Wenn eine Folge (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} gegen a konvergiert, dann wissen wir aus der Epsilon-Definition der Konvergenz:
\forall \epsilon >0\,\exists N\in \mathbb{N} \,\forall n\geq N:|a-a_{n}|<\epsilon
Fixieren wir ein \epsilon >0. Es gibt dann einen von \epsilon abhängigen Index N_{\epsilon }\in \mathbb{N} , so dass |a-a_{n}|<\epsilon für alle n\geq N_{\epsilon } ist. Seien nun n,m\geq N_{\epsilon }. Damit ist
{\begin{aligned}|a-a_{n}|&<\epsilon \\|a-a_{m}|&<\epsilon \end{aligned}}
Insgesamt erhalten wir mit Hilfe der Dreiecksungleichung folgende Abschätzung für |a_{n}-a_{m}|:
{\begin{aligned}|a_{n}-a_{m}|&=|(a_{n}-a)+(a-a_{m})|\\[0.5em]&{\color {OliveGreen}\left\downarrow \ {\text{Dreiecksungleichung: }}|x+y|\leq |x|+|y|\right.}\\[0.5em]&\leq \underbrace {|a_{n}-a|}_{{<\ \epsilon }}+\underbrace {|a-a_{m}|}_{{<\ \epsilon }}\\&<2\epsilon \end{aligned}}
Folgenglieder nach a_{{N_{\epsilon }}} müssen also alle untereinander einen Abstand kleiner als 2\epsilon besitzen. Dies kann auch aus folgender Überlegung gefolgert werden: Alle Folgenglieder nach a_{{N_{\epsilon }}} müssen in der \epsilon -Umgebung (a-\epsilon ,a+\epsilon ) liegen:
Die Epsilon-Umgebung von a (Stephan Kulla: CC-BY-SA-3.0)
Obige Epsilon-Umgebung besitzt die Breite 2\epsilon . Da alle Folgenglieder nach a_{{N_{\epsilon }}} in dieser Umgebung liegen, muss ihr Abstand untereinander kleiner als 2\epsilon sein. Insgesamt haben wir also für die konvergente Folge (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} folgendes gezeigt:
\forall \epsilon >0\,\exists N\in \mathbb{N} \,\forall n,m\geq N:|a_{n}-a_{m}|<2\epsilon
Diesen Ausdruck können wir nun schöner schreiben. Hierzu setzen wir {\tilde \epsilon }=2\epsilon . Wenn \epsilon alle positiven Zahlen durchläuft, dann durchläuft auch {\tilde \epsilon } alle positiven Zahlen. Die Abbildung x\mapsto 2x bildet nämlich \mathbb{R} ^{{+}} bijektiv auf \mathbb{R} ^{{+}} ab (diese Abbildung nutzen wir, wenn wir {\tilde \epsilon }=2\epsilon setzen). Damit ist
\forall {\tilde \epsilon }>0\,\exists N\in \mathbb{N} \,\forall n,m\geq N:|a_{n}-a_{m}|<{\tilde \epsilon }
Folgen mit dieser Eigenschaft werden Cauchy-Folgen genannt. Du siehst, dass diese Definition nicht auf den Grenzwert einer Folge zugreift. Später werden wir sehen, dass eine reelle Folge genau dann konvergiert, wenn sie eine Cauchy-Folge ist. So kann man die Konvergenz einer Folge beweisen, ohne den Grenzwert kennen zu müssen.
Hinweis:
In den folgenden Abschnitten werden wir auch bei Cauchy-Folgen wieder \epsilon anstelle von {\tilde \epsilon } nutzen.

Definition von Cauchy-Folgen

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Fassen wir das bisher Hergeleitete zusammen:
Definition: Cauchy-Folge
Eine Folge (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} heißt Cauchy-Folge, wenn es zu jedem \epsilon >0 eine natürliche Zahl N\in \mathbb{N} gibt, so dass |a_{n}-a_{m}|<\epsilon für alle n,m\geq N ist.
Intuitiv gesprochen ist eine Folge genau dann eine Cauchy-Folge, wenn die Abstände der Folgenglieder untereinander beliebig klein werden. Beachte, dass hier mehr als nur der Abstand direkt benachbarter Folgenglieder gemeint ist. Zur Illustration:
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Beispiel: Eine Cauchy-Folge
Beispiel
Die Folge (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} mit a_{n}={\tfrac {1}{n}} ist eine Cauchy-Folge. Dazu müssen wir zeigen, dass es zu jedem \epsilon >0 ein N\in \mathbb{N} gibt, so dass für alle n,m\geq N gilt
|a_{n}-a_{m}|=\left|{\frac 1n}-{\frac 1m}\right|=\left|{\frac {m-n}{nm}}\right|={\frac {|m-n|}{nm}}<\epsilon
Nehmen wir nun n>m an. Der Fall n<m funktioniert analog, mit vertauschten Rollen von n und m. Es gilt
|a_{n}-a_{m}|={\frac {|m-n|}{nm}}<{\frac {n}{nm}}={\frac 1m}
Wählen wir nun N so groß, dass N>{\tfrac {1}{\epsilon }} ist (geht immer nach dem archimedischen Axiom). Dann gilt {\tfrac {1}{N}}<\epsilon und damit auch {\tfrac {1}{m}}<\epsilon für alle m\geq N. Insgesamt folgt nun für alle n,m\in \mathbb{N} mit n>m\geq N:
|a_{m}-a_{n}|={\frac {|m-n|}{mn}}<{\frac {1}{m}}\leq {\frac {1}{N}}<\epsilon
Also ist (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} eine Cauchy-Folge.
Beispiel: Keine Cauchy-Folge
Beispiel
Die Folge (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} mit a_{n}=n ist hingegen keine Cauchy-Folge. Zu jedem \epsilon >0 und N\in \mathbb{N} können wir n,m\geq N so weit auseinander wählen, dass |a_{n}-a_{m}|\geq \epsilon ist. Wählen wir beispielsweise \epsilon ={\tfrac 12} und nehmen ein beliebiges N\in \mathbb{N} . Nun können wir n=N+1 und m=N+2 definieren. Es ist n,m\geq N und
|a_{m}-a_{n}|=|m-n|=|N+2-(N+1)|=1\geq {\tfrac 12}=\epsilon
Damit erfüllt (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} nicht die Cauchy-Definition für \epsilon ={\tfrac 12} und ist somit keine Cauchy-Folge.

Jede konvergente Folge ist eine Cauchy-Folge

Wir haben die Definition der Cauchy-Folge als Alternative zur Konvergenzdefinition hergeleitet. In den folgenden Abschnitten werden wir beweisen, dass bei reellwertigen Folgen jede Cauchy-Folge konvergiert und umgekehrt. Beginnen wir mit dem Beweis, dass konvergente Folgen Cauchy-Folgen sind:
Satz:
Jede konvergente Folge ist eine Cauchy-Folge.
Wie komme ich auf den Beweis?In der Einleitung haben wir eigentlich schon den Beweis für den Satz aufgeschrieben. Hier haben wir nämlich ausgehend von der Epsilon-Definition der Konvergenz die Definition einer Cauchy-Folge hergeleitet. Um den Beweis schöner zu schreiben, sollten wir aber nicht den Umweg über die neue Variable {\tilde \epsilon }=2\epsilon gehen. Hierzu müssen wir einfach |a_{n}-a|<{\tfrac \epsilon 2} und |a_{m}-a|<{\tfrac \epsilon 2} fordern, damit am Ende der Abschätzung \epsilon und nicht 2\epsilon rauskommt.
Beweis
Sei (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} eine beliebige konvergente Folge. Sei \epsilon >0. Es gibt dann ein N\in \mathbb{N} mit
{\begin{aligned}|a-a_{n}|&<{\tfrac \epsilon 2}\\|a-a_{m}|&<{\tfrac \epsilon 2}\end{aligned}}
für alle n,m\geq N. Sei n,m\geq N nun beliebig. Es ist
{\begin{aligned}|a_{n}-a_{m}|&=|(a_{n}-a)+(a-a_{m})|\\[0.5em]&{\color {OliveGreen}\left\downarrow \ {\text{Dreiecksungleichung: }}|x+y|\leq |x|+|y|\right.}\\[0.5em]&\leq \underbrace {|a_{n}-a|}_{{<\ {\tfrac \epsilon 2}}}+\underbrace {|a-a_{m}|}_{{<\ {\tfrac \epsilon 2}}}<\epsilon \end{aligned}}

Jede Cauchy-Folge ist beschränkt

Genau wie bei konvergenten Folgen können wir folgenden Satz beweisen:
Satz: Cauchy-Folgen sind beschränkt
Jede Cauchy-Folge ist beschränkt.
ErklärungDieser Satz verwundert nicht. Wir haben Cauchy-Folgen eingeführt, um mit ihnen die Konvergenz einer Folge zeigen zu können. Jede Cauchy-Folge soll nämlich konvergieren (wir werden sehen, dass dies für reelle Folgen tatsächlich gilt) und konvergente Folgen sind bekanntlich beschränkt. Der Beweis zum obigen Satz ist ähnlich wie der entsprechende Beweis bei konvergenten Folgen:
Beweis
Sei (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} eine Cauchy-Folge. Wir wissen, dass es zu jedem \epsilon >0 ein N\in \mathbb{N} gibt, so dass |a_{n}-a_{m}|<\epsilon für alle n,m\geq N ist. Setzen wir wie beim Beschränktheitsbeweis konvergenter Folgen \epsilon =1. Wir erhalten ein N\in \mathbb{N} mit |a_{n}-a_{m}|<1 für alle n,m\geq N. Setzen wir m=N, dann ist
|a_{n}-a_{N}|<1
für alle n\geq N. Damit liegen alle Folgenglieder a_{n} für n\geq N im Intervall (a_{N}-1,a_{N}+1). Somit sind alle Folgenglieder ab dem Index N nach oben durch a_{N}+1 und nach unten durch a_{N}-1 beschränkt:
(a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }}=(a_{1},\,a_{2},\,\ldots ,\,a_{{N-1}},\,{\color {OliveGreen}\underbrace {a_{N},\,a_{{N+1}},\,a_{{N+2}},\,a_{{N+3}},\,\ldots }_{{{\text{Diese Folgenglieder sind }}\leq a_{N}+1{\text{ und }}\geq a_{N}-1}}})
Vor a_{N} liegen nur endlich viele Folgenglieder a_{1},\,a_{2},\,\ldots ,\,a_{{N-1}}. Diese sind deswegen zwangsweise beschränkt. So sind sie nach oben durch S=\max\{a_{1},\,a_{2},\,\ldots ,\,a_{{N-1}}\} und nach unten durch s=\min\{a_{1},\,a_{2},\,\ldots ,\,a_{{N-1}}\} beschränkt. Wir haben:
(a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }}=({\color {Blue}\underbrace {a_{1},\,a_{2},\,\ldots ,\,a_{{N-1}}}_{{{\text{Diese Folgenglieder sind }}\leq S{\text{ und }}\geq s}}},{\color {OliveGreen}\underbrace {a_{N},\,a_{{N+1}},\,a_{{N+2}},\,a_{{N+3}},\,\ldots }_{{{\text{Diese Folgenglieder sind }}\leq a_{N}+1{\text{ und }}\geq a_{N}-1}}})
Insgesamt ist die Folge damit nach oben durch \max\{S,a_{N}+1\} und nach unten durch \min\{s,a_{N}-1\} beschränkt.

Cauchy-Folgen mit konvergenten Teilfolgen konvergieren

Es folgt nun ein (Hilfs-)Satz, den wir später benötigen werden, um die Konvergenz einer (reellwertigen) Cauchy-Folge zu beweisen:
Satz: Cauchy-Folgen mit konvergenten Teilfolgen konvergieren
Jede Cauchy-Folge (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }}, die eine gegen a konvergente Teilfolge \left(a_{{n_{k}}}\right)_{{k\in \mathbb{N} }} besitzt, konvergiert gegen den Grenzwert a der konvergenten Teilfolge.
Wie komme ich auf den Beweis?
Sei (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} eine Cauchy-Folge und \left(a_{{n_{k}}}\right)_{{k\in \mathbb{N} }} eine konvergente Teilfolge der Cauchy-Folge mit dem Grenzwert a. Für die Cauchy-Folge (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} wissen wir aus der Definition, dass die Folgenglieder beliebig nah beieinander liegen. Außerdem wissen wir für die konvergente Teilfolge, dass ihre Folgenglieder beliebig nah an a liegen. Diese beiden Eigenschaften müssen wir nun zu einem Beweis kombinieren.
Sei also \epsilon >0. Wir müssen nun ein N\in \mathbb{N} finden, so dass |a_{n}-a|<\epsilon für alle n\geq N ist. Beginnen wir mit der Ungleichung
|a_{n}-a|<\epsilon
Wenn das Folgenglied a_{n} in der Teilfolge \left(a_{{n_{k}}}\right)_{{k\in \mathbb{N} }} liegt, ist obige Abschätzung kein Problem, da wir hier wissen, dass diese Ungleichung für ausreichend große Indizes erfüllt ist. Herausfordernd ist der Fall, dass a_{n} kein Glied der Teilfolge ist. Aus der Cauchy-Eigenschaft folgt aber, dass es in einer beliebigen Umgebung von a_{n} Glieder der Teilfolge geben muss und diese liegen bekanntlich beliebig nahe an dem Grenzwert. Wir können also den Abstand |a_{n}-a| über den Umweg des Teilfolgenglieds abschätzen. Dies können wir durch die Dreiecksungleichung erreichen:
{\begin{aligned}|a_{n}-a|&=\left|a_{n}-a_{{n_{k}}}+a_{{n_{k}}}-a\right|\\[0.5em]&{\color {OliveGreen}\left\downarrow \ {\text{Dreiecksungleichung}}\right.}\\[0.5em]&\leq \left|a_{n}-a_{{n_{k}}}\right|+\left|a_{{n_{k}}}-a\right|\end{aligned}}
Beide Beträge können wir beliebig klein machen. Wenn beide Beträge kleiner als {\tfrac \epsilon 2} sind, dann ist |a_{n}-a| garantiert kleiner als \epsilon . Beginnen wir zunächst mit \left|a_{{n_{k}}}-a\right|. Hier finden wir ein N_{1} mit \left|a_{{n_{k}}}-a\right|<{\tfrac \epsilon 2} für alle k\geq N_{1}. Die Zahl N_{1} existiert, weil die Teilfolge \left(a_{{n_{k}}}\right)_{{k\in \mathbb{N} }} gegen a konvergiert.
Nun zum zweiten Betrag: Es gibt ein N_{2} mit |a_{n}-a_{m}|<{\tfrac \epsilon 2} für alle n,m\geq N_{2}. Anstelle von a_{m} haben wir a_{{n_{k}}}. Wir müssen also garantieren, dass n_{k}\geq N_{2} ist. Generell ist n_{k}\geq k, da (n_{k})_{{k\in \mathbb{N} }} eine steigende Folge natürlicher Zahlen ist. Damit können wir k\geq N_{2} wählen, weil dann n_{k}\geq k\geq N_{2} ist. Da aber k auch größer als N_{1} sein sollte, wählen wir ein k\geq \max\{N_{2},N_{1}\}. Beachte, dass es egal ist, welches k\geq \max\{N_{2},N_{1}\} wir hier wählen.
Die Variable n trat bisher nur im Term |a_{n}-a_{m}| auf. Hier hatten wir gefordert, dass n,m\geq N_{2} ist. Dementsprechend haben wir für n die einzige Anforderung, dass es größer gleich N_{2} sein muss. Also wählen wir im Konvergenzbeweis N=N_{2}.
Beweis
Sei (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} eine Cauchy-Folge und \left(a_{{n_{k}}}\right)_{{k\in \mathbb{N} }} eine konvergente Teilfolge der Cauchy-Folge mit dem Grenzwert a. Sei \epsilon >0 beliebig. Aus der Cauchy-Eigenschaft folgt, dass es ein N\in \mathbb{N} mit |a_{n}-a_{m}|<{\tfrac \epsilon 2} für alle n,m\geq N gibt. Außerdem gibt es ein {\tilde N}\in \mathbb{N} mit \left|a_{{n_{k}}}-a\right|<{\tfrac \epsilon 2} für alle k\geq {\tilde N}. Sei {\tilde k} eine beliebige natürliche Zahl mit {\tilde k}\geq \max\{N,{\tilde N}\}. Sei n\geq N beliebig. Es ist
{\begin{aligned}|a_{n}-a|&=\left|a_{n}-a_{{n_{{{\tilde k}}}}}+a_{{n_{{{\tilde k}}}}}-a\right|\\[0.5em]&{\color {OliveGreen}\left\downarrow \ {\text{Dreiecksungleichung}}\right.}\\[0.5em]&\leq \left|a_{n}-a_{{n_{{{\tilde k}}}}}\right|+\left|a_{{n_{{{\tilde k}}}}}-a\right|\\[0.5em]&{\color {OliveGreen}\left\downarrow \ \left|a_{{n_{{{\tilde k}}}}}-a\right|<{\tfrac \epsilon 2}\right.}\\[0.5em]&<\left|a_{n}-a_{{n_{{{\tilde k}}}}}\right|+{\tfrac \epsilon 2}\\[0.5em]&{\color {OliveGreen}\left\downarrow \ n_{k}\geq {\tilde k}\geq N\Rightarrow \left|a_{n}-a_{{n_{{{\tilde k}}}}}\right|<{\tfrac \epsilon 2}\right.}\\[0.5em]&<{\tfrac \epsilon 2}+{\tfrac \epsilon 2}=\epsilon \end{aligned}}

Jede Cauchy-Folge konvergiert

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Kommen wir nun zum eigentlichen Grund, warum es sich lohnt, Cauchy-Folgen zu studieren. Wir können nämlich zeigen, dass jede Cauchy-Folge konvergiert. Es gilt der Satz:
Satz: Cauchy-Folgen konvergieren
Sei (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} eine Cauchy-Folge reeller Zahlen. Dann gibt es eine reelle Zahl a, gegen die (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} konvergiert.
Erklärung
Weil in der Definition einer Folge ihr Grenzwert keine Rolle spielt, können wir mit dem obigen Satz die Konvergenz einer Folge nachweisen, ohne deren Grenzwert kennen zu müssen. Dies ist insbesondere in Beweisen hilfreich, bei denen die zu betrachtende Folge so allgemein ist, dass wir ihren Grenzwert nicht kennen können.
Bevor wir uns mit dem Beweis beschäftigen, möchten wir dir noch zeigen, wie wichtig die Grundmenge ist. Nehme hierzu von {\sqrt 2}=1{,}414213562\ldots die Folge der endlichen Dezimalbrüche:
{\begin{aligned}x_{1}&=1\\x_{2}&=1{,}4\\x_{3}&=1{,}41\\&\vdots \end{aligned}}
Diese Folge konvergiert gegen {\sqrt 2} und ist damit nach dem Satz aus dem vorherigem Abschnitt eine Cauchy-Folge. Gehen wir nun davon aus, dass unsere Grundmenge \mathbb{Q} und nicht \mathbb{R} ist. Wir gehen also davon aus, dass es nur rationale Zahlen gibt. Obige Folge besteht nur aus rationalen Zahlen und ist damit eine valide Folge in unserer neuen Grundmenge. Sie ist auch in der neuen Grundmenge eine Cauchy-Folge (der Abstand der Folgenglieder untereinander hat sich beim Ändern der Grundmenge nicht geändert). Jedoch konvergiert obige Folge nicht mehr. Beim Ändern der Grundmenge haben wir nämlich den Grenzwert der Folge {\sqrt 2} entfernt, weil dieser Grenzwert irrational ist. In unserer neuen Grundmenge \mathbb{Q} gibt es keine Zahl, gegen die die Folge konvergiert. Durch das Ändern der Grundmenge wurde die Folge damit divergent.
Wir sehen, wie wichtig die Grundmenge für den obigen Satz ist. Wir sehen auch, dass wir im Beweis die Vollständigkeit von \mathbb{R} benutzen müssen, denn das Vollständigkeitsaxiom ist das einzige Axiom, was \mathbb{R} von \mathbb{Q} unterscheidet. Wenn wir die Vollständigkeit nicht benutzen würden, dann müsste der Satz auch in \mathbb{Q} gelten, was er ja nicht tut. Das Vollständigkeitsaxiom werden wir in Form des Satzes von Bolzano-Weierstraß verwenden. In dem Beweis dieses Satzes hatten wir das Vollständigkeitsaxiom bereits verwendet.
BeweisSei (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} eine Cauchyfolge. Wir hatten in diesem Kapitel bereits bewiesen, dass diese Folge beschränkt ist. Nach dem Satz von Bolzano-Weierstraß muss damit (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} eine konvergente Teilfolge besitzen. Eine Cauchyfolge mit einer konvergenten Teilfolge konvergiert nach dem obigen Satz.