Epsilon-Beweise für Grenzwerte können sehr aufwendig werden. In diesem Kapitel behandeln wir einige Sätze, die die Bestimmung von Grenzwerten vereinfachen.

Die Grenzwertsätze

Die Grenzwertsätze für konvergente Folgen lauten:
Satz: Grenzwertsätze
Seien \left(a_{n}\right)_{{n\in \mathbb{N} }} und \left(b_{n}\right)_{{n\in \mathbb{N} }} zwei konvergente Folgen mit \lim _{{n\rightarrow \infty }}a_{n}=a und \lim _{{n\rightarrow \infty }}b_{n}=b. Sei außerdem k\in \mathbb{N} beliebig. Es gilt
  • \lim _{{n\rightarrow \infty }}|a_{n}|=|a|
  • \lim _{{n\rightarrow \infty }}a_{n}+b_{n}=a+b
  • \lim _{{n\rightarrow \infty }}\lambda \cdot a_{n}=\lambda \cdot a für alle \lambda \in \mathbb{R}
  • \lim _{{n\rightarrow \infty }}a_{n}\cdot b_{n}=a\cdot b
  • \lim _{{n\rightarrow \infty }}a_{n}^{k}=a^{k}
Wenn außerdem b\neq 0 und b_{n}\neq 0 für alle n\in \mathbb{N} ist, dann gilt auch
  • \lim _{{n\rightarrow \infty }}{\frac {1}{b_{n}}}={\frac {1}{b}}
  • \lim _{{n\rightarrow \infty }}{\frac {a_{n}}{b_{n}}}={\frac {a}{b}}
Für k\in \mathbb{N} und a_{n}\geq 0 für alle n\in \mathbb{N} gilt:
\lim _{{n\rightarrow \infty }}{\sqrt[ {k}]{a_{n}}}={\sqrt[ {k}]{a}}
Warnung:
Diese Regeln gelten nur, wenn alle Teilfolgen, die in den Grenzwertregeln vorkommen, konvergieren. Wenn auch nur eine dieser Folgen divergiert, können wir den Satz nicht anwenden.
Wir müssen außerdem beachten, dass \infty und -\infty keine reellen Zahlen sind und damit auch keine gültigen Grenzwerte. Wenn also beispielsweise \lim _{{n\rightarrow \infty }}a_{n}=\infty ist, dann divergiert \left(a_{n}\right)_{{n\in \mathbb{N} }} und wir können keinen der Grenzwertsätze anwenden.

Monotonieregel: Grenzwerte abschätzen

Außerdem gilt die Monotonieregel, die wir zum Abschätzen der Grenzwerte verwenden können:
Satz: Monotonieregel
Seien \left(a_{n}\right)_{{n\in \mathbb{N} }} und \left(b_{n}\right)_{{n\in \mathbb{N} }} zwei konvergente Folgen. Wenn a_{n}\leq b_{n} für fast alle n\in \mathbb{N} ist, dann gilt die Ungleichung:
\lim _{{n\rightarrow \infty }}a_{n}\leq \lim _{{n\rightarrow \infty }}b_{n}

Beispiel: Grenzwert einer Folge berechnen

Betrachten wir die Folge
x_{n}={\frac {5-{\sqrt[ {n}]{23}}}{{\sqrt[ {n}]{n}}+{\tfrac {1}{n^{2}}}}}
Ein Beweis mit \epsilon -Umgebung zur Bestimmung der Konvergenz wäre sehr kompliziert. Zum Glück erkennen wir in der Folgendefinition viele Folgen, deren Konvergenzverhalten wir bereits kennen. So ist zum Beispiel \lim _{{n\rightarrow \infty }}{\sqrt[ {n}]{23}}=1. Durch schrittweise Anwendung der Grenzwertsätze können wir den Grenzwert bestimmen:
{\begin{aligned}\lim _{{n\rightarrow \infty }}x_{n}&=\lim _{{n\rightarrow \infty }}{\frac {5-{\sqrt[ {n}]{23}}}{{\sqrt[ {n}]{n}}+{\tfrac {1}{n^{2}}}}}\\[0.3em]&\quad {\color {OliveGreen}\left\downarrow \ {\text{Quotientenregel}}\right.}\\[0.3em]&={\frac {\lim _{{n\rightarrow \infty }}5-{\sqrt[ {n}]{23}}}{\lim _{{n\rightarrow \infty }}{\sqrt[ {n}]{n}}+{\tfrac {1}{n^{2}}}}}\\[0.3em]&\quad {\color {OliveGreen}\left\downarrow \ {\text{Summenregel}}\right.}\\[0.3em]&={\frac {\left(\lim _{{n\rightarrow \infty }}5\right)+\left(\lim _{{n\rightarrow \infty }}-{\sqrt[ {n}]{23}}\right)}{\left(\lim _{{n\rightarrow \infty }}{\sqrt[ {n}]{n}}\right)+\left(\lim _{{n\rightarrow \infty }}{\tfrac {1}{n^{2}}}\right)}}\\[0.3em]&\quad {\color {OliveGreen}\left\downarrow \ {\text{Faktorregel}}\right.}\\[0.3em]&={\frac {\left(\lim _{{n\rightarrow \infty }}5\right)-\left(\lim _{{n\rightarrow \infty }}{\sqrt[ {n}]{23}}\right)}{\left(\lim _{{n\rightarrow \infty }}{\sqrt[ {n}]{n}}\right)+\left(\lim _{{n\rightarrow \infty }}{\tfrac {1}{n^{2}}}\right)}}\\[0.3em]&\quad {\color {OliveGreen}\left\downarrow \ {\text{bekannte Grenzwerte ausrechnen}}\right.}\\[0.3em]&={\frac {5-1}{1+0}}=4\end{aligned}}
So können wir zeigen, dass (x_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} konvergiert und den Grenzwert 4 besitzt. Diese Herleitung hat aber einen Haken: Wir benutzen die Grenzwertsätze, bevor wir die Konvergenz der einzelnen Folgen gezeigt haben. Dass diese Folgen konvergieren, ergibt sich erst im Argumentationsverlauf, nachdem wir die Grenzwertsätze schon verwendet haben. Deswegen ist diese Herleitung kein gültiger Beweis. Ein gültiger Beweis ist zum Beispiel folgender:
{\begin{array}{ll}&{\begin{aligned}\lim _{{n\rightarrow \infty }}5=5&\land \lim _{{n\rightarrow \infty }}{\sqrt[ {n}]{23}}=1\land \lim _{{n\rightarrow \infty }}{\sqrt[ {n}]{n}}=1\\[0.3em]&\land \lim _{{n\rightarrow \infty }}{\tfrac {1}{n^{2}}}=0\end{aligned}}\\[0.7em]&\quad {\color {OliveGreen}\left\downarrow \ {\text{Faktorregel}}\right.}\\[0.7em]\implies &{\begin{aligned}\lim _{{n\rightarrow \infty }}5=5&\land \lim _{{n\rightarrow \infty }}-{\sqrt[ {n}]{23}}=-1\land \lim _{{n\rightarrow \infty }}{\sqrt[ {n}]{n}}=1\\[0.3em]&\land \lim _{{n\rightarrow \infty }}{\tfrac {1}{n^{2}}}=0\end{aligned}}\\[0.7em]&\quad {\color {OliveGreen}\left\downarrow \ {\text{Summenregel}}\right.}\\[0.7em]\implies &\lim _{{n\rightarrow \infty }}5-{\sqrt[ {n}]{23}}=5-1=4\land \lim _{{n\rightarrow \infty }}{\sqrt[ {n}]{n}}+{\tfrac {1}{n^{2}}}=1+0=1\\[0.7em]&\quad {\color {OliveGreen}\left\downarrow \ {\text{Quotientenregel}}\right.}\\[0.7em]\implies &\lim _{{n\rightarrow \infty }}{\frac {5-{\sqrt[ {n}]{23}}}{{\sqrt[ {n}]{n}}+{\tfrac {1}{n^{2}}}}}={\frac 41}=4\end{array}}
Wir beginnen mit der Konvergenz der Folgen, deren Konvergenzverhalten wir kennen. Durch schrittweise Anwendung der Grenzwertsätze in umgekehrter Reihenfolge leiten wir dann die Konvergenz der betrachteten Folge (x_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} und ihren Grenzwert her. Beim Zeichen \land handelt es sich um die error: internal links not implemented, yet! , die man als „und“ lesen kann.
Den Beweis so aufzuschreiben ist aber aufwendig und macht keinen Spaß. Meist zeigen wir diese Aussagen wie die Beweisskizze oben. Wir wenden einfach die Grenzwertsätze an, obwohl wir nicht wissen, ob die Folgen konvergieren. Wir müssen aber im Nachhinein anmerken, dass wir die Grenzwertsätze anwenden durften. Das gilt, weil am Ende alles konvergiert. Weil bei den letzten Schritten alles funktioniert, durften wir die Schritte davor machen. Wenn wir den Beweis also durch direkte Anwendung der Grenzwertsätze zeigen wollen, müssen wir noch erklären, dass wir diese Sätze benutzen durften.

Probleme mit divergenten Folgen

Die Grenzwertsätze dürfen nicht benutzt werden, wenn eine der Teilfolgen divergiert. Durch falsche Anwendung der Grenzwertsätze, können schnell Fehler auftreten:
{\begin{aligned}1&=\lim _{{n\rightarrow \infty }}1\\&=\lim _{{n\rightarrow \infty }}n\cdot {\tfrac 1n}\\&=\left(\lim _{{n\rightarrow \infty }}n\right)\cdot \left(\lim _{{n\rightarrow \infty }}{\tfrac 1n}\right)\\&=\infty \cdot 0\\&=0\end{aligned}}
Frage: Wo liegt der Fehler in der obigen Herleitung?
\infty ist keine reelle Zahl und damit divergiert die Folge (n)_{{n\in \mathbb{N} }} wegen \lim _{{n\rightarrow \infty }}n=\infty . Schließlich konvergiert eine Folge nur, wenn ihr Grenzwert eine reelle Zahl ist. Der Produktsatz \lim _{{n\rightarrow \infty }}a_{n}\cdot b_{n}=\left(\lim _{{n\rightarrow \infty }}a_{n}\right)\cdot \left(\lim _{{n\rightarrow \infty }}b_{n}\right) darf deswegen nicht angewandt werden.
Dieses Beispiel zeigt, warum die Grenzwertsätze nicht verwendet werden dürfen, wenn eine der Subfolgen gegen \infty oder -\infty divergiert.

Beweise der Grenzwertsätze

Die Betragsregel

Satz: Grenzwertregel mit Absolutbetrag
Sei (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} eine konvergente Folge mit dem Grenzwert a. Dann ist \lim _{{n\rightarrow \infty }}|a_{n}|=|a|.
Wie komme ich auf den Beweis?
Aus \lim _{{n\to \infty }}a_{n}=a folgt, dass |a_{n}-a| beliebig klein wird. Wir müssen zeigen, dass auch ||a_{n}|-|a|| beliebig klein wird. Im Kapitel zum error: internal links not implemented, yet! haben wir folgende Ungleichung bewiesen
||x|-|y||\leq |x-y|
Damit ist
||a_{n}|-|a||\leq |a_{n}-a|
Wenn |a_{n}-a| kleiner als \epsilon ist, dann ist es somit auch ||a_{n}|-|a||. Dies können wir für den Beweis der Konvergenz nutzen. Sei \epsilon >0. Wir müssen nun ein N\in \mathbb{N} finden, sodass ||a_{n}|-|a||<\epsilon für alle n\geq N ist. Wegen \lim _{{n\to \infty }}a_{n}=a wissen wir, dass es ein {\tilde N}\in \mathbb{N} gibt, sodass |a_{n}-a|<\epsilon für alle n\geq {\tilde N} gilt.
Wie wir gesehen haben, folgt aus |a_{n}-a|<\epsilon die Ungleichung ||a_{n}|-|a||<\epsilon . Damit können wir im Beweis N={\tilde {N}} setzen. Da nämlich |a_{n}-a|<\epsilon für alle n\geq N ist, folgt daraus auch ||a_{n}|-|a||<\epsilon für alle n\geq N.
Beweis
Sei \epsilon >0 beliebig. Weil (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} gegen a konvergiert, gibt es ein N\in \mathbb{N} mit |a_{n}-a|<\epsilon für alle n\geq N. Sei nun n\geq N beliebig. Wegen der umgekehrten Dreiecksungleichung ||x|-|y||\leq |x-y| folgt
||a_{n}|-|a||\leq |a_{n}-a|<\epsilon

Umkehrung der Betragsregel bei Nullfolgen

Ist (|a_{n}|)_{{n\in \mathbb{N} }} eine Nullfolge, so gilt auch die Umkehrung der Betragsregel. Aus \lim _{{n\to \infty }}|a_{n}|=0 folgt \lim _{{n\to \infty }}a_{n}=0:
Satz:
Sei (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} eine Folge. Wenn \lim _{{n\to \infty }}|a_{n}|=0 ist, konvergiert die Folge (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} gegen Null. Es ist dann \lim _{{n\to \infty }}a_{n}=0.
Beweis
Wegen \lim _{{n\to \infty }}|a_{n}|=0 folgt die Aussage
Zu jedem \epsilon >0 gibt es ein N\in \mathbb{N} mit ||a_{n}|-0|<\epsilon für alle n\geq N.
Nun ist ||a_{n}|-0|=||a_{n}||=|a_{n}|=|a_{n}-0|. Damit gilt auch folgende Aussage
Zu jedem \epsilon >0 gibt es ein N\in \mathbb{N} mit |a_{n}-0|<\epsilon für alle n\geq N.
Dies ist gleichbedeutend mit \lim _{{n\to \infty }}a_{n}=0.
Die Betragsregel kann nur bei Nullfolgen umgekehrt werden. Für allgemeine Folgen geht dies nicht. Für die divergente Folge a_{n}=(-1)^{n} ist beispielsweise \lim _{{n\to \infty }}|a_{n}|=1. Hier ist \lim _{{n\to \infty }}|a_{n}|=1 und \lim _{{n\to \infty }}a_{n}\neq 1.

Die Summenregel

Satz: Grenzwertsatz für Summen
Sei (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} eine konvergente Folge mit Grenzwert a und (b_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} eine konvergente Folge mit Grenzwert b. Dann konvergiert auch die Folge (a_{n}+b_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} mit \lim _{{n\rightarrow \infty }}a_{n}+b_{n}=a+b.
Wie komme ich auf den Beweis?
Wir müssen zeigen, dass der Betrag |(a_{n}+b_{n})-(a+b)| beliebig klein wird. Wir können verwenden, dass die Beträge |a_{n}-a| und |b_{n}-b| beliebig klein werden. Deswegen sollten wir eine Abschätzung von |(a_{n}+b_{n})-(a+b)| nach oben finden, bei der die Beträge |a_{n}-a| oder |b_{n}-b| vorkommen. Hier gibt es einen Trick: Wir schreiben den Term (a_{n}+b_{n})-(a+b) geschickt um und verwenden dann die Dreiecksungleichung
{\begin{aligned}|(a_{n}+b_{n})-(a+b)|&=|(a_{n}-a)+(b_{n}-b)|\\&\leq |a_{n}-a|+|b_{n}-b|\end{aligned}}
Weil |a_{n}-a| und |b_{n}-b| beliebig klein werden, sollte auch ihre Summe beliebig klein werden. Somit sollte unsere Abschätzung ausreichen. Jedoch müssen wir noch einen Epsilon-Beweis für unsere Vermutung formulieren. Auch hier können wir einen Trick verwenden: In der Summe haben wir zwei Beträge und jeden schätzen wir gegen {\tfrac \epsilon 2} ab. Wenn nämlich |a_{n}-a|<{\tfrac \epsilon 2} und |b_{n}-b|<{\tfrac \epsilon 2} ist, dann ist
|a_{n}-a|+|b_{n}-b|<{\tfrac \epsilon 2}+{\tfrac \epsilon 2}=\epsilon
Wir wissen, dass es ein N_{1} mit |a_{n}-a|<{\tfrac \epsilon 2} für alle n\geq N_{1} gibt. Analog existiert ein N_{2} mit |b_{n}-b|<{\tfrac \epsilon 2} für alle n\geq N_{2}. Für unseren Beweis brauchen wir gleichzeitig |a_{n}-a|<{\tfrac \epsilon 2} und |b_{n}-b|<{\tfrac \epsilon 2}. Also sollte gleichzeitig n\geq N_{1} und n\geq N_{2} gelten. Unser Ziel ist es, ein N\in \mathbb{N} zu finden, sodass aus n\geq N sowohl n\geq N_{1} als auch n\geq N_{2} folgt. Eine Möglichkeit ist, N=\max\{N_{1},\,N_{2}\} zu wählen. Aus n\geq \max\{N_{1},\,N_{2}\} folgt nämlich n\geq N_{1} und n\geq N_{2}.
Beweis
Sei \epsilon >0 beliebig. Es gibt ein N_{1} mit |a_{n}-a|<{\tfrac {\epsilon }{2}} für alle n\geq N_{1}, weil \lim _{{n\rightarrow \infty }}a_{n}=a ist. Außerdem gibt es wegen \lim _{{n\to \infty }}b_{n}=b ein N_{2} mit |b_{n}-b|<{\tfrac \epsilon 2} für alle n\geq N_{2}. Wir wählen N=\max\{N_{1},\,N_{2}\}. Sei n\geq N beliebig. Es ist
{\begin{aligned}|(a_{n}+b_{n})-(a+b)|&=|(a_{n}-a)+(b_{n}-b)|\\[0.5em]&\quad {\color {OliveGreen}\left\downarrow \ {\text{Dreiecksungleichung}}\right.}\\[0.5em]&\leq |a_{n}-a|+|b_{n}-b|\\&<{\tfrac \epsilon 2}+{\tfrac \epsilon 2}=\epsilon \end{aligned}}

Die Faktorregel

Satz: Faktorregel für Grenzwerte
Sei \lambda \in \mathbb{R} beliebig und (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} eine konvergente Folge mit Grenzwert a. Dann konvergiert auch die Folge (\lambda a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} mit \lim _{{n\rightarrow \infty }}\lambda a_{n}=\lambda a.
Wie komme ich auf den Beweis?
Um \lim _{{n\rightarrow \infty }}\lambda a_{n}=\lambda a zu beweisen, müssen wir |\lambda a_{n}-\lambda a|<\epsilon für fast alle n\in \mathbb{N} zeigen. Formen wir diese Ungleichung um:
{\begin{array}{lrl}&|\lambda a_{n}-\lambda a|&<\epsilon \\\iff {}&|\lambda \cdot (a_{n}-a)|&<\epsilon \\\iff {}&|\lambda |\cdot |a_{n}-a|&<\epsilon \end{array}}
Wir können nicht pauschal durch |\lambda | teilen, weil \lambda auch Null sein könnte. Jedoch ist der Fall \lambda =0 einfach zu zeigen. Hier müssen wir beweisen, dass \lim _{{n\to \infty }}\lambda a_{n}=\lambda a=0\cdot a=0 ist. Da \lambda a_{n}=0\cdot a_{n}=0 ist, folgt \lim _{{n\to \infty }}\lambda a_{n}=\lim _{{n\to \infty }}0=0, was zu zeigen war. Schauen wir uns den Fall \lambda \neq 0 an:
{\begin{array}{lrl}&|\lambda |\cdot |a_{n}-a|&<\epsilon \\\iff {}&|a_{n}-a|&<{\frac {\epsilon }{|\lambda |}}\end{array}}
Weil |a_{n}-a| gegen 0 konvergiert, gibt es ein N\in \mathbb{N} , sodass |a_{n}-a|<{\tfrac \epsilon {|\lambda |}} für alle n\geq N ist.
Beweis: Faktorregel für Grenzwerte
Beweis
Sei \epsilon >0 beliebig. Sei außerdem \lambda \in \mathbb{R} und (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} eine konvergente Folge mit Grenzwert a.
Fall 1:
\lambda =0
Es ist \lambda a_{n}=0\cdot a_{n}=0 und damit
\lim _{{n\rightarrow \infty }}\lambda a_{n}=\lim _{{n\rightarrow \infty }}0=0=0\cdot a=\lambda \cdot a
Fall 2:
\lambda \neq 0
Wähle N so, dass |a_{n}-a|<{\tfrac \epsilon {|\lambda |}} für alle n\geq N ist. Ein solches N existiert, weil (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} gegen a konvergiert. Es ist dann
{\begin{array}{lrl}&|a_{n}-a|&<{\frac {\epsilon }{|\lambda |}}\\\implies {}&|\lambda |\cdot |a_{n}-a|&<\epsilon \\\implies {}&|\lambda \cdot (a_{n}-a)|&<\epsilon \\\implies {}&|\lambda a_{n}-\lambda a|&<\epsilon \end{array}}
Dies beweist, dass \lim _{{n\to \infty }}\lambda a_{n}=\lambda a ist.

Die Produktregel

Satz: Produktregel für Grenzwerte
Sei (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} eine konvergente Folge mit Grenzwert a und (b_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} eine konvergente Folge mit Grenzwert b. Dann konvergiert auch die Folge (a_{n}\cdot b_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} mit \lim _{{n\rightarrow \infty }}a_{n}\cdot b_{n}=a\cdot b.
Beweis
Sei \epsilon >0 beliebig.
Wir müssen beweisen, dass |a_{n}b_{n}-ab|<\epsilon für alle n\geq N gilt, wobei wir N in Abhängigkeit von \epsilon geschickt wählen müssen. Dabei können wir verwenden, dass |a_{n}-a| und |b_{n}-b| beliebig klein werden, weil die Folgen (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} gegen a und (b_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} gegen b konvergieren. Um dies nutzen zu können, müssen wir |a_{n}b_{n}-ab| geschickt umformen und so nach oben abschätzen, dass wir die Beträge |a_{n}-a| und |b_{n}-b| erhalten. Hierzu verwenden wir einen Trick, der für diese Art von Beweis typisch ist. Wir addieren den Term ab_{n}-ab_{n}, welcher gleich Null ist:
{\begin{aligned}&|a_{n}b_{n}-ab|\\[0.3em]&\quad {\color {OliveGreen}\left\downarrow \ ab_{n}-ab_{n}=0\right.}\\[0.3em]=\ &|a_{n}b_{n}-ab+ab_{n}-ab_{n}|\\[0.3em]&\quad {\color {OliveGreen}\left\downarrow \ {\text{Umstellen}}\right.}\\[0.3em]=\ &|a_{n}b_{n}-ab_{n}+ab_{n}-ab|\\[0.3em]&\quad {\color {OliveGreen}\left\downarrow \ {\text{Ausklammern}}\right.}\\[0.3em]=\ &|b_{n}(a_{n}-a)+a(b_{n}-b)|\\[0.3em]&\quad {\color {OliveGreen}\left\downarrow \ {\text{Dreiecksungleichung}}\right.}\\[0.3em]\leq \ &|b_{n}(a_{n}-a)|+|a(b_{n}-b)|\\[0.3em]\leq \ &|b_{n}|\cdot |a_{n}-a|+|a|\cdot |b_{n}-b|\end{aligned}}
Wenn wir also für alle n\geq N zeigen können, dass beide Summanden kleiner als {\tfrac {\epsilon }{2}} sind, dann sind wir fertig.
Abschätzung des zweiten Summanden
Beim zweiten Summanden ist das leicht: Die Folge (b_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} konvergiert gegen b und nach der Faktorregel mit \lambda =a gilt \lim _{{n\to \infty }}a\cdot b_{n}=a\cdot b. Damit gilt \lim _{{n\to \infty }}a\cdot (b_{n}-b)=0 nach der Summenregel, d.h. es gibt ein N_{1}\in \mathbb{N} so, dass für alle n\geq N_{1} gilt |a|\cdot |b_{n}-b|=|a(b_{n}-b)|<{\tfrac {\epsilon }{2}}.
Abschätzung des ersten Summanden
Auch beim ersten Summanden wäre es schön, wenn wir die Faktorregel anwenden können. Das Problem ist nur, dass b_{n} von n abhängt und folglich b_{n} kein Kandidat für das \lambda aus der Faktorregel ist.
Wir haben in einem vorherigen Kapitel bewiesen, dass konvergente Folgen beschränkt sind. Diesen Satz können wir hier auf die Folge b_{n} anwenden: Sei M\in \mathbb{R} _{0}^{+} so dass |b_{n}|\leq M für alle n\in \mathbb{N} .
Dann gilt für alle n\in \mathbb{N} , dass |b_{n}|\cdot |a_{n}-a|\leq M\cdot |a_{n}-a| und genauso wie für den zweiten Summanden liefert uns die Faktorregel mit \lambda =M (beachte, dass M im Gegensatz zu b_{n} nicht von n abhängt) ein N_{2}\in \mathbb{N} mit M\cdot |a_{n}-a|<{\tfrac {\epsilon }{2}} für alle n\geq N_{2}. Also gilt für alle n\geq N_{2} die folgende Ungleichung: |b_{n}|\cdot |a_{n}-a|<{\tfrac {\epsilon }{2}}.
Zusammenfassung
Wir brauchen nur noch ein passend gewähltes N. Für alle n\geq N muss die Bedingung n\geq N_{1} und n\geq N_{2} erfüllt sein, damit beide Abschätzungen gültig sind. Daher wählen wir N:=\max\{N_{1},N_{2}\}. Dieses hängt nur von \epsilon ab, da N_{1} und N_{2} nur von \epsilon abhängen.
Für alle n\geq N gilt nun
|a_{n}b_{n}-ab|\leq \ |b_{n}|\cdot |a_{n}-a|+|a|\cdot |b_{n}-b|<{\tfrac {\epsilon }{2}}+{\tfrac {\epsilon }{2}}=\epsilon

Die Potenzregel

Satz: Grenzwertsatz für Potenzen
Sei (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} eine konvergente Folge mit Grenzwert a. Sei k\in \mathbb{N} eine beliebige natürliche Zahl. Dann konvergiert die Folge \left(a_{n}^{k}\right)_{{n\in \mathbb{N} }} mit \lim _{{n\to \infty }}a_{n}^{k}=a^{k}.
Wie komme ich auf den Beweis?
Die Potenzregel ist eine Folgerung der Produktregel. So können wir für die Folge \left(a_{n}^{2}\right)_{{n\in \mathbb{N} }} zeigen:
{\begin{aligned}\lim _{{n\to \infty }}a_{n}^{2}&=\lim _{{n\to \infty }}a_{n}\cdot a_{n}\\[0.5em]&\ {\color {OliveGreen}\left\downarrow \ {\text{Produktregel}}\right.}\\[0.5em]&=\lim _{{n\to \infty }}a_{n}\cdot \lim _{{n\to \infty }}a_{n}\\&=a\cdot a=a^{2}\end{aligned}}
Durch k-fach Anwendung erhalten wir:
{\begin{aligned}\lim _{{n\to \infty }}a_{n}^{k}&=\lim _{{n\to \infty }}\underbrace {a_{n}\cdot a_{n}\cdot \ldots \cdot a_{n}}_{{k{\text{-mal}}}}\\[0.5em]&\ {\color {OliveGreen}\left\downarrow \ {\text{Produktregel}}\right.}\\[0.5em]&=\underbrace {\lim _{{n\to \infty }}a_{n}\cdot \lim _{{n\to \infty }}a_{n}\cdot \ldots \cdot \lim _{{n\to \infty }}a_{n}}_{{k{\text{-mal}}}}\\[0.5em]&=\underbrace {a\cdot a\cdot \ldots \cdot a}_{{k{\text{-mal}}}}=a^{k}\end{aligned}}
Nun werden die „Pünktchen“-Beweise in der Analysis nicht als formal saubere Beweise angesehen. Deswegen führen wir den Beweis über vollständige Induktion über k.
Beweis
Dieser Satz folgt aus der Produktregel mithilfe eines Induktionsbeweises.
Aussage, die wir für alle k\in \mathbb{N} beweisen wollen:
\lim _{{n\to \infty }}a_{n}^{k}=a^{k}
  1. Induktionsanfang:
    \lim _{{n\to \infty }}a_{n}^{1}=\lim _{{n\to \infty }}a_{n}=a=a^{1}
  2. Induktionsschritt:
    1. Induktionsvoraussetzung:
      \lim _{{n\to \infty }}a_{n}^{k}=a^{k}
    2. Induktionsbehauptung:
      \lim _{{n\to \infty }}a_{n}^{{k+1}}=a^{{k+1}}
    3. Beweis des Induktionsschritts:
      {\begin{aligned}\lim _{{n\to \infty }}a_{n}^{{k+1}}&=\lim _{{n\to \infty }}a_{n}^{{k}}\cdot a_{n}\\[0.5em]&\ {\color {OliveGreen}\left\downarrow \ {\text{Produktregel}}\right.}\\[0.5em]&=\lim _{{n\to \infty }}a_{n}^{{k}}\cdot \lim _{{n\to \infty }}a_{n}\\[0.5em]&\ {\color {OliveGreen}\left\downarrow \ {\text{Induktionsvoraussetzung}}\right.}\\[0.5em]&=a^{k}\cdot a=a^{{k+1}}\end{aligned}}
Beispiel: Beispiel zur Potenzregel
Beispiel
Für alle k\in \mathbb{N} können wir beweisen, dass die Folge \left({\sqrt[ {n}]{n^{k}}}\right)_{{n\in \mathbb{N} }} gegen 1 konvergiert:
{\begin{aligned}\lim _{{n\to \infty }}{\sqrt[ {n}]{n^{k}}}&=\lim _{{n\to \infty }}({\sqrt[ {n}]{n}})^{k}\\&=\left(\lim _{{n\to \infty }}{\sqrt[ {n}]{n}}\right)^{k}\\&=1^{k}=1\end{aligned}}

Die Quotientenregel error: TODO

Satz: Quotientenregel für Grenzwerte
Sei (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} eine konvergente Folge mit Grenzwert a und sei (b_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} eine konvergente Folge mit Grenzwert b\neq 0 sowie b_{n}\neq 0 für alle n\in \mathbb{N} . Dann konvergiert die Folge ({\tfrac {a_{n}}{b_{n}}})_{{n\in \mathbb{N} }} mit \lim _{{n\rightarrow \infty }}{\tfrac {a_{n}}{b_{n}}}={\tfrac {a}{b}}.
Wie komme ich auf den Beweis?
Es genügt zu zeigen, dass \lim _{{n\to \infty }}{\tfrac {1}{b_{n}}}={\tfrac 1b} ist, denn aus der Produktregel folgt
\lim _{{n\to \infty }}{\tfrac {a_{n}}{b_{n}}}=\lim _{{n\to \infty }}a_{n}\cdot {\tfrac {1}{b_{n}}}=\lim _{{n\to \infty }}a_{n}\cdot \lim _{{n\to \infty }}{\tfrac {1}{b_{n}}}=a\cdot {\tfrac 1b}={\tfrac ab}
Für den Beweis \lim _{{n\to \infty }}{\tfrac {1}{b_{n}}}={\tfrac 1b} müssen wir zeigen, dass |{\tfrac {1}{b_{n}}}-{\tfrac {1}{b}}| beliebig klein wird. Dabei können wir verwenden, dass |b_{n}-b| beliebig klein wird, weil (b_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} gegen b konvergiert. Dazu formen wir |{\tfrac {1}{b_{n}}}-{\tfrac {1}{b}}| geschickt um:
{\begin{aligned}\left|{\frac {1}{b_{n}}}-{\frac {1}{b}}\right|&=\left|{\frac {b}{b_{n}b}}-{\frac {b_{n}}{bb_{n}}}\right|\\[0.3em]&=\left|{\frac {b-b_{n}}{b_{n}b}}\right|\\[0.3em]&={\frac {|b-b_{n}|}{|b_{n}||b|}}\end{aligned}}
Nun können wir |b_{n}-b| kontrollieren, d.h. beliebig klein machen. Das |b| im Nenner stört uns nicht weiter, da es konstant ist. Wir müssen uns also nur noch um |b_{n}| im Nenner kümmern. Da wir |b_{n}-b| beliebig klein machen können, reicht es, wenn wir {\tfrac {1}{|b_{n}|}} nach oben durch eine Konstante abschätzen. Dazu müssen wir |b_{n}| nach unten abschätzen.
Um |b_{n}| nach unten abzuschätzen, verwenden wir nun die Voraussetzung, dass \lim _{{n\to \infty }}b_{n}=b\neq 0 ist. Daher gibt es ein N_{1}\in \mathbb{N} , so dass ab diesem Index alle Folgenglieder von (b_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} die Ungleichung |b_{n}-b|<{\tfrac {|b|}2} erfüllen. Also gilt |b_{n}|\geq |b|-|b_{n}-b|\geq |b|-{\tfrac {|b|}2}={\tfrac {|b|}2} für alle n\geq N_{1}. Für den gesamten Ausdruck erhalten wir damit
{\begin{aligned}\left|{\frac {1}{b_{n}}}-{\frac {1}{b}}\right|&={\frac {|b-b_{n}|}{|b_{n}||b|}}\\[0.5em]&\leq {\frac {|b-b_{n}|}{{\tfrac {|b|}{2}}|b|}}\\[0.5em]&={\frac {2}{|b|^{2}}}|b-b_{n}|\end{aligned}}
Diesen Ausdruck bekommen wir beliebig klein, da wir |b-b_{n}| beliebig klein kriegen, und der Vorfaktor konstant ist. Hierzu wählen wir zu einem beliebigem \epsilon >0 den Index N_{2}\in \mathbb{N} so groß, dass für alle n\geq N_{2} gilt
{\frac {2}{|b|^{2}}}|b-b_{n}|<\epsilon \iff |b_{n}-b|<{\frac {\epsilon |b|^{2}}{2}}
Dann erhalten wir insgesamt für alle n\geq \max\{N_{1},N_{2}\}:
{\begin{aligned}\left|{\frac {1}{b_{n}}}-{\frac {1}{b}}\right|&\leq {\frac {2}{|b|^{2}}}|b-b_{n}|\\[0.5em]&<{\frac {2}{|b|^{2}}}\cdot {\frac {\epsilon |b|^{2}}{2}}\\[0.5em]&=\epsilon \end{aligned}}
Diese Beweisskizze müssen wir nun in einen formalen Beweis gießen, um \lim _{{n\to \infty }}{\tfrac {1}{b_{n}}}={\tfrac 1b} zu zeigen.
Beweis
Sei \epsilon >0 beliebig. Wegen \lim _{{n\to \infty }}b_{n}=b\neq 0 gibt es ein N_{1}\in \mathbb{N} , so dass |b_{n}|\geq {\tfrac {|b|}{2}} für alle n\geq N_{1} ist. Außerdem gibt es ein N_{2}\in \mathbb{N} mit |b_{n}-b|<{\frac {\epsilon |b|^{2}}{2}} für alle n\geq N_{2}. Dann gilt für alle n\geq \max\{N_{1},N_{2}\}:
{\begin{aligned}\left|{\frac {1}{b_{n}}}-{\frac {1}{b}}\right|&=\left|{\frac {b}{b_{n}b}}-{\frac {b_{n}}{bb_{n}}}\right|\\[0.3em]&=\left|{\frac {b-b_{n}}{b_{n}b}}\right|\\[0.3em]&={\frac {|b-b_{n}|}{|b_{n}||b|}}\\[0.5em]&\leq {\frac {|b-b_{n}|}{{\tfrac {|b|}{2}}|b|}}\\[0.5em]&={\frac {2}{|b|^{2}}}|b-b_{n}|\\[0.5em]&<{\frac {2}{|b|^{2}}}\cdot {\frac {\epsilon |b|^{2}}{2}}\\[0.5em]&=\epsilon \end{aligned}}
Es gilt daher \lim _{{n\to \infty }}{\tfrac 1b}_{n}={\tfrac 1b}. Mit der Produktregel folgt nun
\lim _{{n\to \infty }}{\tfrac {a_{n}}{b_{n}}}=\lim _{{n\to \infty }}a_{n}\cdot {\tfrac {1}{b_{n}}}=\lim _{{n\to \infty }}a_{n}\cdot \lim _{{n\to \infty }}{\tfrac {1}{b_{n}}}=a\cdot {\tfrac 1b}={\tfrac ab}

Die Wurzelregel

Satz: Grenzwertsatz für Potenzen
Sei (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} eine nichtnegative Folge mit Grenzwert a. Sei außerdem k\in \mathbb{N} . Dann konvergiert die Folge ({\sqrt[ {k}]{a_{n}}})_{{n\in \mathbb{N} }} mit \lim _{{n\to \infty }}{\sqrt[ {k}]{a_{n}}}={\sqrt[ {k}]{a}}.
Wie komme ich auf den Beweis?
Wir müssen zum Beweis den Betrag |{\sqrt[ {k}]{a_{n}}}-{\sqrt[ {k}]{a}}| abschätzen. Wieder können wir |a_{n}-a| kontrollieren, da wir wissen, dass diese Beträge beliebig klein werden. Also brauchen wir erneut einen Term, in dem |a_{n}-a| vorkommt. Dazu können wir eine Hilfsformel als Abschätzung verwenden, die wir im Kapitel Rechenregeln für Wurzeln bewiesen hatten: Für x\geq y\geq 0 und k\in \mathbb{N} gilt
0<{\sqrt[ {k}]{x}}-{\sqrt[ {k}]{y}}\leq {\sqrt[ {k}]{x-y}}
Diese lässt sich auf Absolutbeträge verallgemeinern. Für x\geq y\geq 0 gilt
|{\sqrt[ {k}]{x}}-{\sqrt[ {k}]{y}}|={\sqrt[ {k}]{x}}-{\sqrt[ {k}]{y}}\leq {\sqrt[ {k}]{x-y}}={\sqrt[ {k}]{|x-y|}}
Für y\geq x\geq 0 bekommen wir
|{\sqrt[ {k}]{x}}-{\sqrt[ {k}]{y}}|={\sqrt[ {k}]{y}}-{\sqrt[ {k}]{x}}\leq {\sqrt[ {k}]{y-x}}={\sqrt[ {k}]{|x-y|}}
Somit gilt |{\sqrt[ {k}]{x}}-{\sqrt[ {k}]{y}}|\leq {\sqrt[ {k}]{|x-y|}}. Wenden wir diese Hilsformel mit x=a_{n} und y=a an, so erhalten wir
|{\sqrt[ {k}]{a_{n}}}-{\sqrt[ {k}]{a}}|\leq {\sqrt[ {k}]{|a_{n}-a|}}
Den Ausdruck {\sqrt[ {k}]{|a_{n}-a|}} können wir nun beliebig klein machen, indem wir |a_{n}-a| beliebig klein machen. Wir erhalten:
{\sqrt[ {k}]{|a_{n}-a|}}<\epsilon \iff |a_{n}-a|<\epsilon ^{k}
Mit |a_{n}-a|<\epsilon ^{k} können wir also die Zielungleichung |{\sqrt[ {k}]{a_{n}}}-{\sqrt[ {k}]{a}}|<\epsilon beweisen.
Beweis
Sei k\in \mathbb{N} beliebig sowie (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} eine nichtnegative Folge mit Grenzwert a. Sei außerdem \epsilon >0 beliebig. Wegen \lim _{{n\rightarrow \infty }}a_{n}=a gibt es ein N\in \mathbb{N} mit |a_{n}-a|<\epsilon ^{k} für alle n\geq N. Für alle n\geq N gilt
{\begin{aligned}|{\sqrt[ {k}]{a_{n}}}-{\sqrt[ {k}]{a}}|&{\underset {{\text{formel}}}{{\overset {{\text{Hilfs-}}}{\leq }}}}{\sqrt[ {k}]{|a_{n}-a|}}\\[0.3em]&\quad {\color {OliveGreen}\left\downarrow \ |a_{n}-a|<\epsilon \right.}\\[0.3em]&<{\sqrt[ {k}]{\epsilon ^{k}}}=\epsilon \end{aligned}}

Die Monotonieregel

Satz: Monotonieregel für Grenzwerte
Seien (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} und (b_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} Folgen mit Grenzwerten a und b. Es gelte außerdem a_{n}\leq b_{n} für fast alle n\in \mathbb{N} . Dann gilt a\leq b.
ZusammenfassungDiese Regel zeigen wir durch einen Widerspruchsbeweis . Wir nehmen an, dass unter den Voraussetzungen des Satzes a>b wäre, und leiten daraus eine widersprüchliche Aussage her.
Beweis
Angenommen a>b. Wegen \lim _{{n\to \infty }}a_{n}=a und \lim _{{n\to \infty }}b_{n}=b gibt es zu \epsilon ={\tfrac {a-b}{2}}>0 Indizes N_{1},N_{2}\in \mathbb{N} mit |a_{n}-a|<{\tfrac {a-b}{2}} für alle n\geq N_{1} und |b_{n}-b|<{\tfrac {a-b}{2}} für alle n\geq N_{2}. Daraus folgt für alle n\geq \max\{N_{1},N_{2}\}:
{\begin{aligned}b_{n}-a_{n}&=b_{n}-a_{n}+0+0\\&=b_{n}-a_{n}+b-a+a-b\\&=b_{n}-b+(b-a)+a-a_{n}\\&\leq |b_{n}-b|+(b-a)+|a_{n}-a|\\&<{\tfrac {a-b}{2}}+(b-a)+{\tfrac {a-b}{2}}\\&=a-b+b-a=0\end{aligned}}
Also b_{n}<a_{n} für alle n\geq \max\{N_{1},N_{2}\}. Dies ist ein Widerspruch zu a_{n}\leq b_{n} für fast alle n. Daher muss a\leq b gelten.

Anmerkungen zur Monotonieregel

Einen Spezialfall erhalten wir, wenn wir b_{n}=c (konstant) setzen:
Sei (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} eine Folge mit Grenzwert a und a_{n}\leq c (bzw. a_{n}\geq c) für fast alle n\in \mathbb{N} . Dann gilt a\leq c (bzw. a\geq c).
Aus obigen Satz folgt:
Sei (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} eine konvergente Folge und fast alle Folgenglieder liegen in einem Intervall I=[a,b], dann liegt auch ihr Grenzwert in I.
Verbinden wir die beiden Fälle „a_{n}\leq b_{n}“ und „a_{n}\geq b_{n}“ aus der Monotonieregel, dann erhalten wir:
Seien (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} und (b_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} Folge mit Grenzwerten a und b, und es gelte a_{n}=b_{n} für fast alle n\in \mathbb{N} . Dann gilt auch a=b.
Warnung:
Die Monotonieregel gilt nicht mit „<“ beziehungsweise „>“. Betrachte beispielsweise die beiden Folgen (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }}=(-{\tfrac 1n})_{{n\in \mathbb{N} }} und (b_{n})_{{n\in \mathbb{N} }}=({\tfrac 1n})_{{n\in \mathbb{N} }}. Dann gilt a_{n}<0 für alle n\in \mathbb{N} , aber es ist \lim _{{n\to \infty }}a_{n}=0 und somit ist der Grenzwert von (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} nicht kleiner als 0. Auch ist für alle n\in \mathbb{N} die Ungleichung b_{n}>0 erfüllt, aber es ist \lim _{{n\to \infty }}b_{n}=0\ngtr 0.