Motivation

Wie im Artikel error: internal links not implemented, yet! bereits erklärt wurde, muss zwischen dem Begriff des Häufungspunktes einer Menge und dem des Häufungspunktes einer Folge sorgfältig unterschieden werden. Im Folgenden wollen wir den Häufungspunkt einer Menge näher untersuchen. Daher soll der Begriff „Häufungspunkt“ in diesem Artikel als Häufungspunkt einer Menge verstanden werden.
Wie der Name Häufungspunkt einer Menge schon erahnen lässt, soll ein Häufungspunkt der Menge M\subseteq \mathbb{R} ein Punkt sein, um den sich die Elemente der Menge häufen. Diese vage Formulierung möchten wir etwas konkretisieren.
Wenn sich Elemente der Menge M um den Punkt p\in \mathbb{R} häufen, so sollten wir zumindest fordern, dass in jedem noch so kleinen offenen Intervall um den Punkt p mindestens ein Element von M liegt. Falls dies nicht der Fall wäre, würden wir eine kleine Zahl \epsilon >0 finden, so dass für jeden Punkt m\in M gilt: |p-m|\geq \epsilon .
Punkt (S jwiese: CC BY-SA 4.0)
Das würde jedoch bedeuten, dass die Punkte aus M dem Häufungspunkt p nicht beliebig nahe kommen könnten, was jedoch unserer Intuition eines Häufungspunktes widersprechen würde.
Halten wir fest, dass wir mindestens Folgendes für einen Häufungspunkt p\in \mathbb{R} der Menge M fordern: Für jedes \epsilon >0 gibt es ein m\in M, sodass |p-m|<\epsilon . Nun fragen wir uns, ob diese Definition ausreichend ist.
Betrachte man dazu die Menge M=\{1\} als Beispiel. Nach der bisherigen Definition wäre p=1 ein Häufungspunkt der Menge M. Dies wollen wir kurz überprüfen: Sei \epsilon >0. Da p\in M ist, können wir direkt unser m=p\in M als Element der Menge M hernehmen. Nun folgt, dass |p-p|=0<\epsilon . Dies zeigt, dass p=1 ein Häufungspunkt unserer Menge wäre. Dies ist aber nicht wirklich zufriedenstellend, da sich die Elemente von M nicht wirklich um p=1 häufen.
Um dieses Szenario zu vermeiden, verschärfen wir unsere Definition etwas. Wir nennen p\in \mathbb{R} einen Häufungspunkt der Menge M\subset \mathbb{R} , falls für jedes \epsilon >0 ein von p verschiedenes Element m\in M gibt, sodass |p-m|<\epsilon gilt. Mit dieser Definition ist nun p=1 kein Häufungspunkt der Menge M=\{1\} mehr. Dies ist ersichtlich, da wir für \epsilon =1/2 kein von 1 verschiedenes Element der Menge M finden, sodass |p-m|<1/2 gilt. Nachher werden wir sehen, dass aus dieser Definition schon folgt, dass es für jedes \epsilon unendlich viele Elemente m\in M gibt, für die |p-m|<\epsilon gilt.
Bisher haben wir gesehen, dass Mengen mit einem Element keine Häufungspunkte haben. Wie sieht es aus, wenn wir die Menge M=\{1\}\cup [2,3] betrachten? Wie oben bereits bewiesen wurde, kann p=1 kein Häufungspunkt sein. Hat die Menge M dann überhaupt Häufungspunkte? Sehen wir uns zuerst das Intervall [2,3] an. Sei also p\in [2,3] und \min(|2-p|,|3-p|)>\epsilon >0 . Egal wie klein \epsilon ist, nach Definition des Intervalls wird immer entweder p-\epsilon /2 oder p+\epsilon /2 in [2,3] liegen. Wir haben also gerade gezeigt, dass alle Punkte im Intervall [2,3] Häufungspunkte sind.
Ein Häufungspunkt der Menge M (S jwiese: CC BY-SA 4.0)
Dies sind auch genau alle Häufungspunkte, da sämtliche Punkte außerhalb von M in diesem Fall nicht durch Punkte aus M angenähert werden können (Wie könnte man das durch eine geeignete Wahl von \epsilon beweisen?). Könnte sich dieses Ergebnis ändern, wenn wir M=\{1\}\cup (2,3) betrachten?
Wozu brauchen wir überhaupt Häufungspunkte? Später werden wir Ableitungen einer Funktion f\colon M\to \mathbb{R} in einem Punkt x\in M definieren und dabei wird es wichtig sein, dass jeder Punkt x ein Häufungspunkt ist, damit die Ableitung an diesem Punkt definiert werden kann.

Häufungspunkt einer Menge

Nun schreibe man die vorherigen Überlegungen sauber auf.
Definition: Häufungspunkt einer Menge
Eine Zahl p\in \mathbb{R} ist Häufungspunkt einer Menge M, wenn es für jedes \epsilon >0 ein Element m\in M gibt mit m\neq p und |m-p|<\epsilon .

Eigenschaften von Häufungspunkten

TODO: Beweise noch etwas zu technisch.
Zuerst möchten wir den Zusammenhang zwischen Häufungspunkten von Mengen und Folgen darstellen.
Satz: Jeder Häufungspunkt einer Menge ist der Grenzwert einer Folge der Menge
Ein Punkt p\in \mathbb{R} ist genau dann ein Häufungspunkt der Menge M, falls es eine Folge (m_{n})_{{n\in {\mathbb {N}}}} in M gibt, für welche m_{n}\neq p für alle n\in {\mathbb {N}} und \lim _{{n\to \infty }}m_{n}=p gilt.
Beweis
Es ist zu beachten, dass die Aussage des Satzes eine Äquivalenz von Aussagen ist. Wir müssen also zwei Richtungen zeigen. Beginnen wir mit der Richtung von links nach rechts.
"\Rightarrow ": Sei p\in \mathbb{R} ein Häufungspunkt der Menge M. Für festes n\in {\mathbb {N}} setzen wir \epsilon _{n}:=1/n. Da p ein Häufungspunkt ist, gibt es nun ein Element m\in M mit m\neq p und |p-m|<\epsilon _{n}=1/n. Da dieses Element von \epsilon _{n} und damit im Speziellen von n abhängt, nenne ich es m_{n}. Nun verfahren wir so für jedes n\in {\mathbb {N}}. Wir erhalten eine Folge (m_{n})_{{n\in {\mathbb {N}}}}. Nun zeigen wir, dass diese Folge in der Tat gegen den Häufungspunkt p strebt. Erinnern wir uns dazu nochmals an die Definition des error: internal links not implemented, yet! . Sei \epsilon >0 beliebig. Wählen wir ein N\in {\mathbb {N}} mit N>1/\epsilon . Sei nun n\geq N, also auch 1/n\leq 1/N<\epsilon . Nun folgt nach Konstruktion unserer Folge |m_{n}-p|<\epsilon _{n}=1/n\leq 1/N<\epsilon . Nach Definition des Grenzwertes zeigt dies, dass der Grenzwert der Folge (m_{n})_{{n\in {\mathbb {N}}}} der Häufungspunkt p ist.
Nun beweisen wir die Richtung von rechts nach links.
"\Leftarrow ": Sei \epsilon >0. Sei außerdem (m_{n})_{{n\in {\mathbb N}}} eine Folge in M die gegen p\in \mathbb{R} konvergiert und für die m_{n}\neq p für alle n\in {\mathbb {N}} gilt. Da \lim _{{n\to \infty }}m_{n}=p gilt, gibt es ein n_{0}\in {\mathbb {N}} mit |m_{n}-p|<\epsilon . Außerdem gilt m_{n}\neq p, was den Satz beweist.
Nun möchten wir rechtfertigen, dass ein Häufungspunkt einer Menge wirklich seinen Namen verdient hat und sich die Elemente der Menge um ihn häufen.
Satz: Die Elemente einer Menge häufen sich um die Häufungspunkte der Menge
Sei p\in \mathbb{R} ein Häufungspunkt der Menge M\subset \mathbb{R} . Für jedes \epsilon >0 gibt es eine Menge N\subset M mit unendlich(!) vielen Elementen, sodass für alle m\in N gilt |m-p|<\epsilon .
BeweisWir beweisen die Aussage per Widerspruch. Die Kontraposition lautet: Es gibt ein \epsilon >0, sodass für jede unendliche Menge N\subset M gilt: Es existiert ein m\in N mit |p-m|\geq \epsilon . Diese Aussage kann nun auch in folgende Aussage umgeformt werden: Es existiert ein \epsilon >0, sodass die Menge N_{\epsilon }:=\{m\in M:|m-p|<\epsilon ,m\neq p\} endlich ist. Warum? Hätte N_{\epsilon } unendlich viele Elemente, dann müsste nach der Kontraposition ein m\in N_{\epsilon } mit |p-m|\geq \epsilon existieren. Dies kann aber nach Definition von N_{{\epsilon }} nicht sein. Nun wählen wir {\tilde \epsilon }:=\min\{|p-m|:m\in N_{\epsilon }\}. Da die Menge N_{\epsilon } endlich ist und p\notin N_{\epsilon }, gilt {\tilde \epsilon }>0. Daraus können wir nun folgern, dass für alle m\in M mit m\neq p gilt |p-m|\geq {\tilde \epsilon }. Dies jedoch widerspricht der Tatsache, dass p ein Häufungspunkt von M ist. ↯
Wie sieht es aus, wenn M nur endlich viele Elemente enthält? Dann kann jede \epsilon -Umgebung eines Häufungspunktes p von M nur endlich viele Elemente in M enthalten. Somit ist unser zweiter Satz nicht erfüllt und wir folgern:
Satz: Endliche Menge hat keine Häufungspunkte
Eine Menge M mit endlich vielen Elementen hat keine Häufungspunkte.
Zur Übung könnte man sich überlegen, wie man diesen Satz direkt aus der Definition beweisen kann.

Berührpunkt

TODO: Motivation von Berührpunkten fehlt
Wie wir gerade gesehen haben, gibt es Punkte, die keine Häufungspunkte sind, jedoch der Grenzwert einer Folge aus der Menge. Diese Punkte sind also fast Häufungspunkte. Sie liegen beliebig nahe an der Menge, jedoch häufen sich die Elemente der Menge nicht um sie. Um diese Punkte auch in einer Definition zu erfassen, führen wir das Konzept des Berührpunktes ein, welches eine Abschwächung eines Häufungspunktes ist.
Definition: Berührpunkt
Sei M\subset \mathbb{R} eine Menge. Eine Zahl p\in \mathbb{R} nennt man Berührpunkt der Menge M, falls es eine Folge aus M gibt, die gegen p konvergiert.

Eigenschaften von Berührpunkten

Lass uns jetzt ein paar einfache Eigenschaften von Berührpunkten beweisen. Aus der Definition sehen wir sofort, dass jeder Punkt einer Menge M\subset \mathbb{R} ein Berührpunkt dieser Menge ist.
Satz: Jeder Punkt einer Menge ist ein Berührpunkt dieser Menge
Jeder Punkt p einer Menge M\subset \mathbb{R} ist Berührpunkt von M.
BeweisSei p\in M ein beliebiger Punkt. Nun müssen wir zeigen, dass es eine Folge aus M gibt, die gegen p konvergiert. Welche Folge könnte es sein? Wählen wir dafür die konstante Folge, für die jedes Folgeglied den Wert p hat. Im Speziellen konvergiert diese Folge gegen p und liegt in M.
Nun kümmern wir uns um die Beziehung zwischen Berührpunkten und Häufungspunkten. Konkret stellen wir uns die Fragen: Ist jeder Häufungspunkt ein Berührpunkt? Ist jeder Berührpunkt ein Häufungspunkt? Die Antwort auf die erste Frage ist einfach:
Satz: Jeder Häufungspunkt ist ein Berührpunkt
Jeder Häufungspunkt p einer Menge M\subset \mathbb{R} ist Berührpunkt von M.
BeweisJeder Häufungspunkt p von M ist ein Grenzwert einer Folge in M. Daher folgt sofort, dass jeder Häufungspunkt auch ein Berührpunkt von M ist.
Kommen wir zur Antwort auf die Frage: Ist jeder Berührpunkt ein Häufungspunkt? Dafür denken wir an das Beispiel in der Motivation mit M=\{1\}: Hier ist die Menge der Häufungspunkte leer, die Menge der Berührpunkte enthält aber mindestens den Punkt \{1\}, wie wir gerade bewiesen haben. Es ist also bereits klar, dass die Menge der Häufungspunkte von M strikt kleiner als die Menge der Berührpunkte sein kann. Können wir noch mehr sagen? Wenn wir uns nochmal genau die Definitionen von Häufungspunkten und Berührpunkten p anschauen, dann sehen wir, dass diese sich nur darin unterscheiden, ob p im Wertebereich der approximierenden Folge (m_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} liegen darf oder nicht. Daher folgern wir:
Satz: Beziehung zwischen Häufungspunkt und Berührpunkt
Jeder Punkt p einer Menge M\subset \mathbb{R} ist genau dann Häufungspunkt von M, wenn er Berührpunkt von M\setminus \{p\} ist.
BeweisFalls p ein Berührpunkt von M\setminus \{p\} ist, dann gibt es eine Folge in M\setminus \{p\}, die gegen p konvergiert. Daher folgt sofort, dass p ein Häufungspunkt von M ist. Nun nehmen wir an, dass p ein Häufungspunkt von M ist. Wie oben bewiesen folgt direkt, dass es eine Folge (m_{n})_{{n\in {\mathbb {N}}}} in M mit m_{n}\neq p für alle n\in {\mathbb {N}} und \lim \nolimits _{{n\to \infty }}m_{n}=p gibt. Daher folgt, dass p ein Berührpunkt von M\setminus \{p\} ist.

Beispiele

Beispiel: Häufungspunkte und Berührpunkte von Intervallen
BeispielDie Menge der Häufungspunkte eines beliebigen offenen Intervalls I=(a,b)\subset \mathbb{R} (a<b) ist das abgeschlossene Intervall [a,b]. Ebenso ist die Menge der Berührpunkte von I das abgeschlossene Intervall [a,b].
Beispiel: Berühr- und Häufungspunkte einer Vereinigungsmenge
BeispielDie Menge der Berührpunkte von (1,2]\cup \{4\} ist [1,2]\cup \{4\}, während die Menge der Häufungspunkte das abgeschlossene Intervall [1,2] ist.
Satz: Häufungspunkte der rationalen Zahlen
Die Menge der Häufungspunkte der rationalen Zahlen ist \mathbb{R} .
BeweisSei p\in \mathbb{R} ein Häufungspunkt von {\mathbb {Q}} und sei \epsilon >0. Da die rationalen Zahlen {\mathbb Q} dicht in den reellen Zahlen \mathbb{R} liegen, gibt es ein r\in {\mathbb Q} mit r\neq p und |r-p|<\epsilon , was beweist, dass p ein Häufungspunkt von {\mathbb Q} ist. Dies zeigt ebenso, dass die Menge der Berührpunkte von {\mathbb Q} die Menge der rationalen Zahlen ist.
TODO: Q ist dicht in R
Frage:
Bestimme die Berühr- und Häufungspunkte folgender Teilmengen von \mathbb{R} .
  1. (4,\infty )
  2. {\mathbb N}
  3. \{1/n:n\in {\mathbb N}\}
  4. \mathbb{R} \setminus {\mathbb Q}
  1. Berührpunkte: [4,\infty ), Häufungspunkte: [4,\infty )
  2. Berührpunkte: {\mathbb {N}}, Häufungspunkte: \emptyset
  3. Berührpunkte: \{{\tfrac {1}{n}}:n\in {\mathbb N}\}\cup \{0\}, Häufungspunkte: \{0\}
  4. Berührpunkte: \mathbb{R} , Häufungspunkte: \mathbb{R}