Der Limes superior und der Limes inferior ist der größte und der kleinste Häufungspunkt einer Folge. Diese dienen als partiellen Ersatz für den Grenzwert, wenn dieser nicht existiert.

Motivation

Der Grenzwert einer Folge ist diejenige Zahl, gegen die eine Folge im Unendlichen strebt. In jeder Umgebung um den Grenzwert liegen fast alle Folgenglieder und damit befinden sich nur endlich viele Folgenglieder außerhalb einer beliebigen Umgebung:
Außerhalb jeder Umgebung um den Grenzwert liegen maximal endlich viele Folgenglieder. (Autorenkollektiv „Auswahlaxiom“ (Charlotte Dietze, Matthias Paulsen, Anne Reif), Stephan Kulla: CC BY-SA 4.0)
Auch, wenn nicht jede Folge einen Grenzwert besitzt, kann man sowohl bei konvergenten als auch bei divergenten Folgen einiges über ihr Verhalten im Unendlichen aussagen. Im Kapitel error: internal links not implemented, yet! haben wir bereits das Konzept des Häufungspunkts als Verallgemeinerung des Grenzwerts kennengelernt. Der Häufungspunkt ist eine Zahl, gegen die ein Teil der Folge strebt und um die sich deswegen die Folgenglieder „häufen“. Damit können sie benutzt werden, um das Verhalten einer Folge im Unendlichen zu beschreiben.
Durch Angabe des größten und des kleinsten Häufungspunkts können wir den Bereich einschränken, wo sich diese Häufungspunkte befinden. Der größte Häufungspunkt wird dabei Limes superior und der kleinste Limes inferior genannt. Dabei verwenden wir für den größten Häufungspunkt einer Folge (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} den Ausdruck \limsup _{{n\to \infty }}a_{n} und für den kleinsten Häufungspunkt \liminf _{{n\to \infty }}a_{n}.
Das abgeschlossene Intervall \left[\liminf _{{n\to \infty }}a_{n},\limsup _{{n\to \infty }}a_{n}\right] zwischen dem kleinsten und größten Häufungspunkt ist eine Art „verallgemeinertes Grenzwertintervall“. Wir können nämlich zeigen, dass sich bei beschränkten Folgen in jeder Umgebung um dieses Intervall fast alle Folgenglieder befinden. Außerhalb einer solchen Umgebung befinden sich nur endlich viele Folgenglieder. In der folgenden Abbildung ist dies für eine Epsilon-Umgebung \left[\liminf _{{n\to \infty }}a_{n}-\epsilon ,\limsup _{{n\to \infty }}a_{n}+\epsilon \right] um dieses Intervall illustriert. Außerhalb dieses "Schlauchs" befinden sich nur endlich viele Folgenglieder und innerhalb fast alle:
Das Intervall zwischen dem größten und kleinsten Häufungspunkt ist eine Art verallgemeinertes Grenzwertintervall (Ekin Köksal, Stephan Kulla: CC BY-SA 4.0)

Definition

Wir wollen eine Folge genauer durch die Bestimmung des kleinsten und größten Häufungspunkts beschreiben. Dadurch schwächen wir den Grenzwertbegriff ab und gewinnen einen anderen Blick auf die Folge. Der größte Häufungspunkt wird Limes superior genannt und wird bei einer Folge (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} mit \limsup a_{n} bezeichnet. Der kleinste Häufungspunkt ist der Limes inferior und wird als \liminf a_{n} beschrieben:
Definition: Limes superior
Der Limes superior einer Folge (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} ist bei nach oben beschränkten Folgen der größte Häufungspunkt dieser Folge und wird mit \limsup a_{n} bezeichnet. Bei nach oben unbeschränkten Folgen schreiben wir \limsup _{{n\to \infty }}a_{n}=\infty .
Definition: Limes inferior
Der Limes inferior einer Folge (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} ist bei nach unten beschränkten Folgen der kleinste Häufungspunkt dieser Folge und wird mit \liminf a_{n} bezeichnet. Bei nach unten unbeschränkten Folgen setzen wir \liminf _{{n\to \infty }}a_{n}=-\infty .
TODO:
Nach unten beschränkte Folgen haben nicht unbedingt einen kleinsten Häufungspunkt. Die Definition ist nur für in beide Richtungen beschränkte Folgen korrekt. Ansonsten kann nicht nur \liminf _{{n\to \infty }}a_{n}=-\infty , sondern auch \liminf _{{n\to \infty }}a_{n}=\infty gelten. Daher: Definition zunächst nur für beschränkte Folgen, und dann die Ausweitung auf beliebige Folgen als Motivation für die alternative Definition nehmen.
Außerdem ist nicht von vornherein klar, warum die Menge aller Häufungspunkte ein Minimum bzw. Maximum und nicht nur ein Infimum bzw. Supremum hat.

Beispiele

Beispiel:
Beispiel
Wir zerlegen die Folge (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }}=(-1)^{n}\;n in ihre eigenen Bestandteile, indem wir dazu die Folgen (b_{n})_{{n\in \mathbb{N} }}=(-1)^{n} und (c_{n})_{{n\in \mathbb{N} }}=n definieren.
Die Teilfolgen der divergenten Folge b_{n} haben die Häufungspunkte \lim \limits _{{k\to \infty }}b_{{2k-1}}=-1 und \lim \limits _{{k\to \infty }}b_{{2k}}=1.
Die Folge c_{n} ist dahingegen bestimmt divergent mit \lim \limits _{{n\to \infty }}c_{{n}}=\infty .
Wir fügen nun die "Grenzwerte" von b_{n}=(-1)^{n} und c_{n}=n zusammen. Aufgrund von \lim \limits _{{k\to \infty }}b_{{2k-1}}=-1 ergibt sich die nach unten unbeschränkte Folge \lim _{{k\to \infty }}a_{{2k-1}}=\lim _{{k\to \infty }}-2k+1=-\infty . Da \lim \limits _{{k\to \infty }}b_{{2k}}=1 gilt, erhalten wir die nach oben unbeschränkte Folge \lim _{{k\to \infty }}a_{{2k}}=\lim _{{k\to \infty }}2k=\infty .
Somit gilt \limsup _{{n\to \infty }}a_{n}=\infty und \liminf _{{n\to \infty }}a_{n}=-\infty .
Beispiel:
Beispiel
Ist (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }}={\tfrac {(-1)^{n}}{n}}, so ist \lim _{{n\to \infty }}a_{{n}}=0. Da die Folge (a_{n}) konvergiert, hat sie nur den Häufungspunkt 0. Daher ist
\limsup _{{n\to \infty }}a_{n}=\liminf _{{n\to \infty }}a_{n}=0
Beispiel:
BeispielIst (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }}=n, so ist \lim _{{n\to \infty }}a_{{n}}=\infty . Also ist (a_{n}) nach oben unbeschränkt. Somit ist \limsup _{{n\to \infty }}a_{n}=\infty . Des Weiteren ist (a_{n}) nach unten (durch 1) beschränkt und besitzt keine Häufungspunkte, da \forall S\in \mathbb{R} fast alle a_{n}\geq S sind. Daher ist auch \liminf _{{n\to \infty }}a_{n}=\infty .

Zusammenhang mit Grenzwert

Eine Folge konvergiert genau dann, wenn der Limes superior und der Limes inferior existieren und übereinstimmen:
Satz: Limes superior/inferior und Konvergenz
Eine Folge a_{n} konvergiert genau dann, wenn gilt:
-\infty <\limsup _{{n\to \infty }}a_{n}=\liminf _{{n\to \infty }}a_{n}<\infty
Wie komme ich auf den Beweis?
Wir müssen die Äquivalenz
\lim _{{n\to \infty }}a_{n}=a\in \mathbb{R} \iff -\infty <\limsup _{{n\to \infty }}a_{n}=a=\liminf _{{n\to \infty }}a_{n}<\infty
zeigen.
Die Hin-Richtung "\Rightarrow " des Beweises ist einfach. Da jede konvergente Folge beschränkt ist, folgt sie unmittelbar aus der Definition von \limsup und \liminf .
Für die Rück-Richtung "\Leftarrow " verwenden wir die alternativen Umgebungs-Definitionen von Grenzwert und Häufungspunkt. Zur Erinnerung:
Eine Folge (a_{n}) konvergiert genau dann gegen a\in \mathbb{R} , wenn \forall \epsilon >0 fast alle a_{n}\in (a-\epsilon ,a+\epsilon ), und eine Folge (a_{n}) hat den Häufungspunkt a\in \mathbb{R} , wenn \forall \epsilon >0 unendlich viele a_{n}\in (a-\epsilon ,a+\epsilon ).
Beweis
Beweisschritt: "\Rightarrow "
Konvergiert (a_{n}) gegen a\in \mathbb{R} , so ist (a_{n}) beschränkt, und a ist der einzige Häufungspunkt der Folge. Nach Definition ist daher
\limsup \limits _{{n\to \infty }}a_{n}={\text{größter HP von }}(a_{n})=a={\text{kleinster HP von }}(a_{n})=\liminf \limits _{{n\to \infty }}a_{n}
Beweisschritt: "\Leftarrow "
Gelte \limsup \limits _{{n\to \infty }}a_{n}=a=\liminf \limits _{{n\to \infty }}a_{n}.
Da a=\limsup \limits _{{n\to \infty }}a_{n} der größte Häufungspunkt von (a_{n}) ist, liegen nach den alternativen Definitionen eines Häufungspunktes und des Grenzwertes für alle \epsilon >0 unendlich viele Folgenglieder in (a-\epsilon ,a+\epsilon ) und fast alle Folgenglieder in (-\infty ,a+\epsilon ).
Da a=\liminf \limits _{{n\to \infty }}a_{n} der kleinste Häufungspunkt von (a_{n}) ist, liegen für alle \epsilon >0 unendlich viele Folgenglieder in (a-\epsilon ,a+\epsilon ) und fast alle Folgenglieder in (a-\epsilon ,\infty ).
Also liegen für alle \epsilon >0 fast alle Folgenglieder in (a-\epsilon ,a+\epsilon ), d.h. (a_{n}) konvergiert gegen a.
TODO: An ursprünglichen Autor: Alternativen Widerspruchsbeweis für eine Richtung ergänzen, evtl. Skizze zum Satz ergänzen
Hinweis:
Der Satz lässt sich auch auf bestimmt divergente Folgen übertragen. Es gilt
\lim _{{n\to \infty }}a_{n}=\pm \infty \iff \liminf _{{n\to \infty }}a_{n}=\limsup _{{n\to \infty }}a_{n}=\pm \infty
Übung: Limes superior/inferior und unbestimmte Divergenz
Beweise die Aussage für +\infty .
Wie komme ich auf den Beweis?Wieder müssen wir beide Richtungen zeigen. Die Hinrichtung "\Rightarrow " folgt wieder direkt aus der Definition. Die Rückrichtung "\Leftarrow " ist hier auch wieder etwas aufwendiger.
Beweis
Beweisschritt 1: \Rightarrow . Gelte \lim _{{n\to \infty }}a_{n}=\infty . Dann ist (a_{n}) nach oben unbeschränkt und nach unten beschränkt. Damit ist \limsup _{{n\to \infty }}a_{n}=\infty (und \liminf _{{n\to \infty }}a_{n}\neq -\infty ). Außerdem kann (a_{n}) keinen Häufungspunkt a\in \mathbb{R} haben. Daher gilt auch \liminf _{{n\to \infty }}a_{n}=\infty .
Beweisschritt 2: \Leftarrow . Gelte \liminf _{{n\to \infty }}a_{n}=\limsup _{{n\to \infty }}a_{n}=\infty . Dann ist (a_{n}) nach oben unbeschränkt und nach unten beschränkt. Da \liminf _{{n\to \infty }}a_{n}\neq a\in \mathbb{R} ist, hat (a_{n}) keine Häufungspunkte. Daraus können wir nun \lim _{{n\to \infty }}a_{n}=\infty folgern. Wir müssen also zeigen:
Sei (a_{n})_{{n\in {\mathbb {N}}}} eine nach unten beschränkt reelle Folge, die keinen Häufungspunkt in \mathbb{R} besitzt, dann konvergiert (a_{n}) uneigentlich gegen \infty .
Dies können wir am bestem mit einem Widerspruchsbeweis machen: Gelte (a_{n}) sei nach unten beschränkt und (a_{n}) konvergiert nicht uneigentlich gegen \infty , d.h.
{\begin{aligned}\Rightarrow &\neg (\forall S>0\ \exists N\in {\mathbb {N}}\ \forall n\geq N:a_{n}\geq S)\\\Rightarrow &\exists S>0\ \forall N\in {\mathbb {N}}\ \neg (\forall n\geq N:a_{n}\geq S)\\\Rightarrow &\exists S>0\ \forall N\in {\mathbb {N}}\ \exists n'\geq N:a_{{n'}}<S\end{aligned}}
Also gibt es unendlich viele n'\in {\mathbb {N}} mit a_{{n'}}<S. Aus diesen kann man eine beschränkte Teilfolge (a_{{n'}})\subset \mathbb{R} bilden. Nach dem Satz von Bolzano-Weierstraß gibt es eine konvergente Teilfolge (a_{{{n'}_{k}}}) von (a_{{n'}}). Da eine Teilfolge einer Teilfolge wieder eine Teilfolge (der ursprünglichen Folge) ist, besitzt (a_{n}) damit eine konvergente Teilfolge und somit einen Häufungspunkt.
TODO: Diese Aufgabe in Aufgabenteil auslagern, und evtl. Hilfsaufgabe als eigene Teilaufgabe formulieren

Alternative Charakterisierung von Limes Superior und Limes Inferior

Ist (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} beschränkt, so lassen sich \limsup _{{n\to \infty }}a_{n} und \liminf _{{n\to \infty }}a_{n} auch wie folgt charakterisieren:
Satz: Alternative Definition von lim sup und lim inf
Ist (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} eine beschränkte reelle Folge, so gilt
{\begin{aligned}\limsup _{{n\to \infty }}a_{n}=\lim _{{k\to \infty }}\sup\{a_{n}:n\geq k\}=\inf _{{k\in \mathbb{N} }}\sup\{a_{n}:n\geq k\}\\\liminf _{{n\to \infty }}a_{n}=\lim _{{k\to \infty }}\inf\{a_{n}:n\geq k\}=\sup _{{k\in \mathbb{N} }}\inf\{a_{n}:n\geq k\}\end{aligned}}

Beispiele

Da diese Charakterisierungen von \limsup und \liminf am Anfang etwas abstrakt wirken, wollen wir sie zunächst an zwei Beispielen veranschaulichen:
Beispiel:
Beispiel
Sei zunächst (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }}=((-1)^{n})_{{n\in \mathbb{N} }}=(-1,1,-1,1,-1,1,\ldots ). Entscheidend ist es nun, (b_{k})_{{k\in \mathbb{N} }}=(\sup\{a_{n}:n\geq k\})_{{k\in \mathbb{N} }} und ({\tilde {b}}_{k})_{{k\in \mathbb{N} }}=(\inf\{a_{n}:n\geq k\})_{{k\in \mathbb{N} }} zu bestimmen. Dies ist hier aber nicht allzu schwer. Da die Folge (a_{n}) nur die Werte \pm 1 annimmt, und beide unendlich oft, ist b_{k}=\sup\{a_{n}:n\geq k\}=1 und {\tilde {b}}_{k}=\inf\{a_{n}:n\geq k\}=-1 für alle k\in \mathbb{N} . Damit ergibt sich
\limsup _{{n\to \infty }}a_{n}=\lim _{{k\to \infty }}b_{k}=\lim _{{k\to \infty }}1=1
und
\liminf _{{n\to \infty }}a_{n}=\lim _{{k\to \infty }}{\tilde {b}}_{k}=\lim _{{k\to \infty }}-1=-1
Beispiel:
Beispiel
Ist (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }}=({\tfrac {(-1)^{n}}{n}})_{{n\in \mathbb{N} }}=(-1,{\tfrac 12},-{\tfrac 13},{\tfrac 14},-{\tfrac 15},{\tfrac 16},\ldots ), so ist
(b_{k})_{{k\in \mathbb{N} }}=(\sup\{a_{n}:n\geq k\})_{{k\in \mathbb{N} }}=({\tfrac 12},{\tfrac 12},{\tfrac 14},{\tfrac 14},{\tfrac 16},{\tfrac 16},\ldots )
Daraus folgt dann
\limsup _{{n\to \infty }}a_{n}=\lim _{{k\to \infty }}b_{k}=0
Verständnisaufgabe: Bestimme analog \liminf _{{n\to \infty }}a_{n}.
Es gilt
({\tilde {b}}_{k})_{{k\in \mathbb{N} }}=(\inf\{a_{n}:n\geq k\})_{{k\in \mathbb{N} }}=(-1,-{\tfrac 13},-{\tfrac 13},-{\tfrac 15},-{\tfrac 15},-{\tfrac 17},-{\tfrac 17},\ldots )
Und daher ist ebenfalls
\liminf _{{n\to \infty }}a_{n}=\lim _{{k\to \infty }}{\tilde {b}}_{k}=0

Beweis des Satzes

Lösungsweg: Alternative Charakterisierung von lim sup und lim inf
Beweis
Zunächst zeigen wir, dass (b_{k})_{{k\in \mathbb{N} }}=(\sup\{a_{n}:n\geq k\})_{{k\in \mathbb{N} }} konvergiert. Da (b_{k})_{{k\in \mathbb{N} }} monoton fallend und beschränkt ist, folgt dies aus dem Monotoniekriterium. Anschließend müssen wir noch zeigen, dass (b_{k}) tatsächlich gegen \limsup _{{n\to \infty }}a_{n}, also den größten Häufungswert von (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }}, konvergiert. Dies machen wir, indem wir \lim _{{k\to \infty }}b_{k}\geq \limsup _{{n\to \infty }}a_{n} und \lim _{{k\to \infty }}b_{k}\leq \limsup _{{n\to \infty }}a_{n} zeigen.
Analog zeigen wir, dass ({\tilde {b}}_{k})_{{k\in \mathbb{N} }}=(\inf\{a_{n}:n\geq k\})_{{k\in \mathbb{N} }} monoton steigend und beschränkt ist und gegen \liminf _{{n\to \infty }}a_{n}, also den kleinsten Häufungspunkt von (a_{n}), konvergiert.
Beweis: Alternative Charakterisierung von lim sup und lim inf
Beweis
Da (a_{n}) nach Voraussetzung beschränkt ist, ist auch (b_{k})=(\sup\{a_{n}:n\geq k\}) insbesondere nach unten beschränkt. Weiter gilt
\{a_{n}:n\geq k+1\}\subseteq \{a_{n}:n\geq k\}\Rightarrow b_{{k+1}}=\sup\{a_{n}:n\geq k+1\}\leq \sup\{a_{n}:n\geq k\}=b_{k}
Also ist (b_{k}) monoton fallend. Nach dem Monotoniekriterium konvergiert (b_{k}). Wir nennen den Grenzwert b^{*}.
Weiter setzen wir \limsup _{{n\to \infty }}a_{n}=h^{*} (größter Häufungspunkt von (a_{n})). Nun müssen wir noch zeigen: b^{*}=h^{*}. Dies machen wir, indem wir b^{*}\geq h^{*} und b^{*}\leq h^{*} zeigen.
Da h^{*} Häufungspunkt von (a_{n}) ist, existiert zu jedem N\in \mathbb{N} ein n\in \mathbb{N} mit n\geq N, so dass a_{n}\geq h^{*}-\epsilon . Da \epsilon >0 beliebig war, ist daher b_{k}=\sup\{a_{n}:n\geq k\}\geq h^{*} für alle k\in \mathbb{N} . Nach dem Monotoniekrieterium für Grenzwerte ist auch b^{*}=\lim _{{k\to \infty }}b_{k}\geq h^{*}.
Verständnisaufgabe: Zeige ähnlich b^{*}\leq h^{*}.
Da h^{*} Häufungspunkt von (a_{n}) ist, existiert zu jedem N\in \mathbb{N} ein n\in \mathbb{N} mit n\geq N, so dass a_{n}\leq h^{*}+\epsilon . Daher ist b_{k}=\sup\{a_{n}:n\geq k\}\leq h^{*}+\epsilon für alle k\geq N. (Vorsicht: Da in (b_{k}) das Supremum gebildet wird, kann hier nicht b_{k}\leq h^{*} gefolgert werden!) Da aber \epsilon >0 beliebig war, folgt daraus b^{*}=\lim _{{k\to \infty }}b_{k}=\lim _{{k\to \infty }}\sup\{a_{n}:n\geq k\}=\inf _{{k\in \mathbb{N} }}\sup\{a_{n}:n\geq k\}\leq h^{*}.
Alternativ kann man, an Stelle von b^{*}\leq h^{*}, auch direkt zeigen, dass b^{*} ein Häufungspunkt von (a_{n}) ist. Zusammen mit b^{*}\geq h^{*} folgt dann, dass es der größte Häufungspunkt von (a_{n}) ist.
TODO: Die Aufgabe sollte kein Teil des Beweises sein

Rechenregeln für Limes Superior und Limes Inferior

Satz: Monotonieregel
Seien (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} und (b_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} beschränkte reelle Folgen mit a_{n}\leq b_{n} für alle n\in \mathbb{N} . Dann gilt
\liminf _{{n\to \infty }}a_{n}\leq \liminf _{{n\to \infty }}b_{n}
und
\limsup _{{n\to \infty }}a_{n}\leq \limsup _{{n\to \infty }}b_{n}
Beweis
Sei \limsup _{{n\to \infty }}a_{n}=h_{a}^{*} der größte Häufungspunkt von (a_{n}) und \limsup _{{n\to \infty }}b_{n}=h_{b}^{*} der größte Häufungspunkt von (b_{n}). Diese existieren nach Bolzano-Weierstraß, da die Folgen nach Voraussetzung beschränkt sind. Sei \epsilon >0 gegeben. Da h_{b}^{*} der größte Häufungspunkt von (b_{n}) ist, gibt es ein N\in \mathbb{N} , so dass für alle n\geq N: h_{b}^{*}+\epsilon >b_{n}. Wegen a_{n}\leq b_{n} gilt aber auch für alle n\geq N: h_{a}^{*}+\epsilon >a_{n}. Also muss h_{a}^{*}\leq h_{b}^{*}+\epsilon gelten. Da \epsilon >0 beliebig war, folgt h_{a}^{*}\leq h_{b}^{*}.
Übung: Monotonieregel
Zeige analog \liminf _{{n\to \infty }}a_{n}\leq \liminf _{{n\to \infty }}b_{n}.
Satz: Zusammenhang limsup und liminf
Sei (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} eine beschränkte reelle Folge. Dann gilt
-\limsup _{{n\to \infty }}a_{n}=\liminf _{{n\to \infty }}(-a_{n})
Beweis
Sei h^{*}=\limsup _{{n\to \infty }}a_{n} der größte Häufungspunkt von (a_{n}). Wir müssen zeigen, dass -h^{*}=\liminf _{{n\to \infty }}(-a_{n}) gilt, also dass -h^{*} der kleinste Häufungspunkt von (-a_{n}) ist. Dies tun wir in zwei Schritten:
  1. Wir zeigen: -h^{*} ist ein Häufungspunkt von (-a_{n})
  2. Wir zeigen: -h^{*} ist der kleinste Häufungspunkt von (-a_{n})
Beweisschritt 1: Wegen h^{*}=\limsup _{{n\to \infty }}a_{n} gibt es eine Teilfolge (a_{{n_{k}}})_{{k\in \mathbb{N} }} von (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} mit \lim _{{k\to \infty }}a_{{n_{k}}}=h^{*}. Mit den Rechenregeln für Grenzwerte gilt dann \lim _{{k\to \infty }}-a_{{n_{k}}}=-\lim _{{k\to \infty }}a_{{n_{k}}}=-h^{*}. Also konvergiert die Teilfolge (-a_{{n_{k}}}) von (-a_{n}) gegen -h^{*}, d.h. -h^{*} ist Häufungspunkt von (-a_{n}).
Beweisschritt 2: Sei h ein beliebiger Häufungspunkt von (-a_{n}), dann gibt es eine Teilfolge (-a_{{n_{k}}}) von (-a_{n}) mit \lim _{{k\to \infty }}-a_{{n_{k}}}=h. Mit den Grenzwertregeln folgt dann aber \lim _{{k\to \infty }}a_{{n_{k}}}=\lim _{{k\to \infty }}-(-a_{{n_{k}}})=-\lim _{{k\to \infty }}(-a_{{n_{k}}})=-h. Also ist -h ein Häufungspunkt von (a_{n}). Da h^{*} der größte Häufungspunkt von (a_{n}) war, folgt -h\leq h^{*}. Dies ist äquivalent zu h\geq -h^{*}.
Da h ein beliebiger Häufungspunkt von (-a_{n}) war, folgt daraus, dass -h^{*} der kleinste Häufungspunkt von (-a_{n}) ist. Also gilt -h^{*}=\liminf _{{n\to \infty }}(-a_{n}), und genau das wollten wir zeigen.
Satz: Summenregel
Seien (a_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} und (b_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} reelle Folgen. Dann gilt
\limsup _{{n\to \infty }}a_{n}+\liminf _{{n\to \infty }}b_{n}\leq \limsup _{{n\to \infty }}(a_{n}+b_{n})\leq \limsup _{{n\to \infty }}a_{n}+\limsup _{{n\to \infty }}b_{n}
Beweis
Beweisschritt 1: Zunächst zeigen wir die 2. Ungleichung \limsup _{{n\to \infty }}(a_{n}+b_{n})\leq \limsup _{{n\to \infty }}a_{n}+\limsup _{{n\to \infty }}b_{n}:
Sei h_{a}^{*}=\limsup _{{n\to \infty }}a_{n}, h_{b}^{*}=\limsup _{{n\to \infty }}b_{n} und h_{{a+b}} ein beliebiger Häufungspunkt von (a_{n}+b_{n}). Dann gibt es eine Teilfolge (a_{{n_{k}}}+b_{{n_{k}}}) von (a_{n}+b_{n}) mit \lim _{{k\to \infty }}a_{{n_{k}}}+b_{{n_{k}}}=h_{{a+b}}.
Sei nun \epsilon >0 beliebig. Da h_{a}^{*} der größte Häufungspunkt von (a_{n}) und h_{b}^{*} der größte Häufungspunkt von (b_{n}) ist, gibt es ein K\in \mathbb{N} , so dass für alle k\geq K gilt: a_{{n_{k}}}<h_{a}^{*}+{\tfrac {\epsilon }{2}} und b_{{n_{k}}}<h_{b}^{*}+{\tfrac {\epsilon }{2}}. Also gilt für alle k\geq K auch a_{{n_{k}}}+b_{{n_{k}}}<h_{a}^{*}+h_{b}^{*}+\epsilon . Nach der Monotonieregel für Grenzwerte gilt damit h_{{a+b}}=\lim _{{k\to \infty }}a_{{n_{k}}}+b_{{n_{k}}}\leq h_{a}^{*}+h_{b}^{*}+\epsilon . Da \epsilon >0 beliebig war, folgt daraus h_{{a+b}}\leq h_{a}^{*}+h_{b}^{*}. Da nun h_{{a+b}} ein beliebiger Häufungspunkt von (a_{n}+b_{n}) war, gilt
h_{{a+b}}^{*}=\limsup _{{n\to \infty }}(a_{n}+b_{n})\leq h_{a}^{*}+h_{b}^{*}=\limsup _{{n\to \infty }}a_{n}+\limsup _{{n\to \infty }}b_{n}
Beweisschritt 2: Nun zeigen wir die erste Ungleichung \limsup _{{n\to \infty }}a_{n}+\liminf _{{n\to \infty }}b_{n}\leq \limsup _{{n\to \infty }}(a_{n}+b_{n}). Dafür verwenden wir die 2. Ungleichung, die wir gerade bewiesen haben, und die limsup/liminf-Regel (-\limsup _{{n\to \infty }}a_{n}=\liminf _{{n\to \infty }}(-a_{n})) von oben. Es gilt
{\begin{aligned}\limsup _{{n\to \infty }}a_{n}=&\limsup _{{n\to \infty }}(a_{n}+b_{n})+(-b_{n})\\&{\underset {{\text{gleichung}}}{{\overset {{\text{2. Un-}}}{\leq }}}}\limsup _{{n\to \infty }}(a_{n}+b_{n})+\limsup _{{n\to \infty }}(-b_{n})\\&{\underset {{\text{Regel}}}{{\overset {{\text{limsup/liminf-}}}{=}}}}\limsup _{{n\to \infty }}(a_{n}+b_{n})-\liminf _{{n\to \infty }}(-(-b_{n}))\\&=\limsup _{{n\to \infty }}(a_{n}+b_{n})-\liminf _{{n\to \infty }}b_{n}\end{aligned}}
Dies ist aber äquivalent zur ersten Ungleichung \limsup _{{n\to \infty }}a_{n}+\liminf _{{n\to \infty }}b_{n}\leq \limsup _{{n\to \infty }}(a_{n}+b_{n}).
Übung: Beispiel zur Summenregel
Finde konkrete Folgen (a_{n}) und (b_{n}) mit
\limsup _{{n\to \infty }}a_{n}+\liminf _{{n\to \infty }}b_{n}<\limsup _{{n\to \infty }}(a_{n}+b_{n})<\limsup _{{n\to \infty }}a_{n}+\limsup _{{n\to \infty }}b_{n}
Beispielsweise können wir
a_{n}={\begin{cases}(-1)^{k}&{\text{ falls }}n=2k\\{\frac 12}&{\text{falls }}n=2k+1\end{cases}}
und
b_{n}={\begin{cases}(-1)^{{k+1}}&{\text{ falls }}n=2k\\{\frac 12}&{\text{falls }}n=2k+1\end{cases}}
wählen. Dann ist
(a_{n})=({\tfrac 12},-1,{\tfrac 12},1,{\tfrac 12},-1,{\tfrac 12},1,\ldots )
und
(b_{n})=({\tfrac 12},1,{\tfrac 12},-1,{\tfrac 12},1,{\tfrac 12},-1,\ldots )
Also haben (a_{n}) und (b_{n}) jeweils die Häufungspunkte -1,{\tfrac 12} und 1. Außerdem ist
a_{n}+b_{n}={\begin{cases}0&{\text{ falls }}n=2k\\1&{\text{falls }}n=2k+1\end{cases}}
Somit hat (a_{n}+b_{n}) die Häufungspunkte 0 und 1. Damit gilt
\underbrace {\limsup _{{n\to \infty }}a_{n}+\liminf _{{n\to \infty }}b_{n}}_{{=1+(-1)=0}}<\underbrace {\limsup _{{n\to \infty }}(a_{n}+b_{n})}_{{=1}}<\underbrace {\limsup _{{n\to \infty }}a_{n}+\limsup _{{n\to \infty }}b_{n}}_{{=1+1=2}}