Überblick
Um die Unstetigkeit einer Funktion zu beweisen, muss man zeigen, dass diese mindestens eine Unstetigkeitsstelle besitzt. Für den Nachweis einer Unstetigkeitsstelle kann man eine von mehreren Methoden verwenden:
- Folgenkriterium: Man kann nachweisen, dass die Funktion an der betrachteten Stelle das Folgenkriterium nicht erfüllt.
- Betrachtung des links- und rechtsseitigen Grenzwert: Man kann den linksseitigen und rechtsseitigen Grenzwert der Funktion an der betrachteten Stelle ausrechnen. Wenn entweder einer dieser beiden Grenzwerte nicht existiert oder wenn diese Grenzwerte unterschiedlich sind, dann ist die Funktion an der betrachteten Stelle unstetig.
- Epsilon-Delta-Kriterium: Man kann nachweisen, dass die Funktion an der betrachteten Stelle das Epsilon-Delta-Kriterium nicht erfüllt.
Folgenkriterium
error: TODOWiederholung: Folgenkriterium
Definition: Folgenkriterium der Stetigkeit an einer Stelle
Eine Funktion f:D\to \mathbb{R} mit D\subseteq \mathbb{R} ist stetig an der Stelle x_{0}\in D, wenn für alle Folgen (x_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} mit \forall n\in \mathbb{N} :x_{n}\in D und \lim _{{n\to \infty }}x_{n}=x_{0} gilt:
\lim _{{n\to \infty }}f(x_{n})=f\left(\lim _{{n\to \infty }}x_{n}\right)=f(x_{0})
Beweisskizze
error: non-centered image not implemented, yet!
Um mit dem Folgenkriterium zu zeigen, dass eine Funktion f:D\to \mathbb{R} an der Stelle x_{0}\in D unstetig ist, muss man eine Argumentenfolge (x_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} mit x_{n}\in D für alle n\in \mathbb{N} und dem Grenzwert x_{0} finden, so dass die Funktionswertfolge \left(f(x_{n})\right)_{{n\in \mathbb{N} }} nicht gegen f(x_{0}) konvergiert. Es soll also \lim _{{n\to \infty }}x_{n}=x_{0} und \lim _{{n\to \infty }}f(x_{n})\neq f(x_{0}) gelten. Für \lim _{{n\to \infty }}f(x_{n})\neq f(x_{0}) gibt es zwei Möglichkeiten:
- Die Funktionswertfolge \left(f(x_{n})\right)_{{n\in \mathbb{N} }} divergiert.
- Die Funktionswertfolge \left(f(x_{n})\right)_{{n\in \mathbb{N} }} konvergiert, jedoch ist ihr Grenzwert ungleich f(x_{0}).
Ein Unstetigkeitsbeweis über das Folgenkriterium könnte zum Beispiel folgende Form aufweisen:
Sei f:\ldots eine Funktion mit f(x)=\ldots . Diese Funktion ist unstetig an der Stelle x_{0}=\ldots . Wählen wir nämlich die Folge (x_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} mit x_{n}=\ldots , so liegen alle Folgenglieder im Definitionsbereich von f, und wir haben
\lim _{{n\to \infty }}x_{n}=\ldots =x_{0}
Jedoch ist \lim _{{n\to \infty }}f(x_{n})\neq f(x_{0}). Es ist nämlich ...Beweis, dass \left(f(x_{n})\right)_{{n\in \mathbb{N} }} divergiert oder dass der Grenzwert von \left(f(x_{n})\right)_{{n\in \mathbb{N} }} ungleich f(x_{0}) ist
...
Beispielaufgabe
error: non-centered image not implemented, yet!Übung: Unstetigkeit der topologischen Sinusfunktion
Beweise die Unstetigkeit der folgenden Funktion:
f:\mathbb{R} \to \mathbb{R} :x\mapsto {\begin{cases}\sin \left({\frac 1x}\right)&x\neq 0\\0&x=0\end{cases}}
Wie komme ich auf den Beweis?
Damit f eine unstetige Funktion ist, muss sie mindestens eine Unstetigkeitkeitsstelle besitzen. Für jedes x\neq 0 entspricht f in einer hinreichend kleinen Umgebung von x der Funktion \sin \left({\tfrac 1x}\right). Da die Funktion \sin \left({\tfrac 1x}\right) als Komposition stetiger Funktionen stetig ist, muss auch f für alle x\neq 0 stetig sein. Damit muss die Unstetigkeitsstelle bei x=0 liegen.
Um mit dem Folgenkriterium zu zeigen, dass f an der Stelle x=0 unstetig ist, müssen wir eine Argumentenfolge (x_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} mit \lim _{{n\to \infty }}x_{n}=0 und \lim _{{n\to \infty }}f(x_{n})\neq f(0) finden. Um diese Argumentenfolge zu finden, schauen wir uns zunächst den Graphen der Funktion f an:
In der Graphik sehen wir, dass die Funktion f in jeder Umgebung des Nullpunkts jeden Wert zwischen -1 und 1 beliebig oft annimmt. Also können wir (x_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} so wählen, dass f(x_{n}) immer gleich 1 ist. Dann ist nämlich garantiert, dass \lim _{{n\to \infty }}f(x_{n})=1\neq 0=f(0) ist. Dabei wählen wir x_{n} so, dass x_{n} von oben gegen Null konvergiert.
In der folgenden Graphik sind neben dem Graphen von f auch die Funktionswerte der Folge x_{n} eingetragen. Man sieht, dass für x_{n}\to 0 die Funktionswerte gegen 1 konvergieren, was ungleich dem Funktionswert f(0)=0 ist:
Wie lauten die Werte für x_{n}? Formen wir hierzu die Gleichung f(x)=1 nach x um:
{\begin{aligned}{\begin{array}{rrrl}&&f(x)&=1\\[0.5em]{\overset {f(0)\neq 0}{\iff {}}}&&\sin \left({\frac 1x}\right)&=1\\[0.5em]\iff {}&\exists k\in \mathbb{Z} :&{\frac 1x}&={\frac \pi 2}+2k\pi \\[0.5em]\iff {}&\exists k\in \mathbb{Z} :&x&={\frac {1}{{\frac \pi 2}+2k\pi }}\end{array}}\end{aligned}}
Für alle x={\tfrac {1}{{\frac \pi 2}+2k\pi }} mit k\in \mathbb{Z} gilt also f(x)=1. Damit unsere Argumente x_{n} positiv sind und von oben gegen Null konvergieren, wählen wir x_{n}={\tfrac {1}{{\frac \pi 2}+2n\pi }}. Es gilt dann:
\lim _{{n\to \infty }}x_{n}=\lim _{{n\to \infty }}{\frac {1}{{\frac \pi 2}+2n\pi }}=0
Jedoch haben wir gesehen, dass \lim _{{n\to \infty }}f(x_{n})=1\neq 0=f(0) ist. Wir haben also eine Argumentenfolge (x_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} gefunden, welche die Unstetigkeit von f an der Stelle x=0 beweist.
Beweis
Sei f:\mathbb{R} \to \mathbb{R} mit f(x)=\sin \left({\tfrac 1x}\right) für x\neq 0 und f(0)=0. Wir betrachten die Folge (x_{n})_{{n\in \mathbb{N} }} mit x_{n}={\tfrac {1}{{\frac \pi 2}+2n\pi }}. Für diese Folge ist:
\lim _{{n\to \infty }}x_{n}=\lim _{{n\to \infty }}{\frac {1}{{\frac \pi 2}+2n\pi }}=0
Außerdem gilt:
{\begin{aligned}\lim _{{n\to \infty }}f(x_{n})&=\lim _{{n\to \infty }}f\left({\frac {1}{{\frac \pi 2}+2n\pi }}\right)\\[0.5em]&=\lim _{{n\to \infty }}\sin \left({\frac {1}{{\frac {1}{{\frac \pi 2}+2n\pi }}}}\right)\\[0.5em]&=\lim _{{n\to \infty }}\sin \left({\frac \pi 2}+2n\pi \right)\\[0.5em]&=\lim _{{n\to \infty }}1=1\end{aligned}}
Damit ist \lim _{{n\to \infty }}f(x_{n})=1\neq 0=f(0), obwohl \lim _{{n\to \infty }}x_{n}=0 ist. Dies beweist, dass f an der Stelle x=0 und somit auch insgesamt unstetig ist.
Baustelle: Betrachtung des links- und rechtsseitigen Grenzwerts
TODO:
In diesem Abschnitt sollte man an einem Beispiel einer Funktion mit Fallunterscheidung zeigen, wie man durch die Betrachtung des links- und rechtsseitigen Grenzwerts die Unstetigkeit einer Funktion beweisen. Jedoch sollte zunächst im Kapitel error: internal links not implemented, yet! der links- und rechtsseitige Grenzwert eingeführt werden. Auch muss dort bewiesen werden, dass eine Funktion an einem Punkt genau dann stetig ist, wenn der links- und rechtsseitige Grenzwert existiert und dem Funktionswert an einer Stelle entspricht.Epsilon-Delta-Kriterium
error: TODOWiederholung: Epsilon-Delta-Kriterium
Definition: Epsilon-Delta-Definition der Unstetigkeit
Eine Funktion f:D\to \mathbb{R} mit D\subseteq \mathbb{R} ist genau dann unstetig an der Stelle x_{0}\in D, wenn es ein \epsilon >0 gibt, so dass es für alle \delta >0 ein x\in D mit |x-x_{0}|<\delta und |f(x)-f(x_{0})|\geq \epsilon gibt. f ist also genau dann in x_{0}\in D unstetig, wenn gilt
\exists \epsilon >0\,\forall \delta >0\,\exists x\in D:|x-x_{0}|<\delta \land |f(x)-f(x_{0})|\geq \epsilon
Allgemeine Beweisstruktur
Epsilon-Delta-Kriterium der Unstetigkeit kann folgendermaßen in Prädikatenlogik formuliert werden:
{\color {Red}\exists \epsilon >0}\ {\color {RedOrange}\forall \delta >0}\ {\color {OliveGreen}\exists x\in D}:{\color {DarkOrchid}|x-x_{0}|<\delta }\land {\color {Blue}|f(x)-f(x_{0})|\geq \epsilon }
Daraus ergibt sich ein Schema, mit dem die Unstetigkeit einer Funktion nach dem Epsilon-Delta-Kriterium bewiesen werden kann:
{\begin{array}{l}{\color {Red}\underbrace {{\underset {}{}}{\text{Wähle }}\epsilon =\ldots }_{{\exists \epsilon >0}}}\ {\color {RedOrange}\underbrace {{\underset {}{}}{\text{Sei }}\delta >0{\text{ beliebig.}}}_{{\forall \delta >0}}}\\{\color {OliveGreen}\underbrace {{\underset {}{}}{\text{Wähle }}x=\ldots {\text{ Es ist }}x\in D{\text{, weil}}\ldots }_{{\exists x\in D}}}\\{\color {Black}{\text{Es ist:}}}\\[0.5em]\quad \quad {\color {DarkOrchid}{\text{Beweis für }}|x-x_{0}|<\delta }\\[0.5em]\quad \quad {\color {Blue}{\text{Beweis für }}|f(x)-f(x_{0})|\geq \epsilon }\end{array}}
Beispielaufgabe
Übung: Unstetigkeit der topologischen Sinusfunktion
Beweise die Unstetigkeit der folgenden Funktion an der Stelle x_{0}=0:
f:\mathbb{R} \to \mathbb{R} :x\mapsto {\begin{cases}\sin \left({\frac 1x}\right)&x\neq 0\\0&x=0\end{cases}}
Wie komme ich auf den Beweis?
Bei dieser Aufgabe soll die Unstetigkeit einer Funktion gezeigt werden. Wir betrachten hierzu die Negation des Epsilon-Delta-Kriteriums. Unser Ziel ist es sowohl ein \epsilon >0, als auch ein x\in \mathbb{R} so zu wählen, dass |x-x_{0}|<\delta und |f(x)-f(x_{0})|\geq \epsilon ist. Dabei darf x in Abhänigigkeit von \delta gewählt werden, während \epsilon unabhängig für alle \delta >0 sein muss. Für eine Lösung können wir folgendermaßen vorgehen:
Zielungleichungen vereinfachen
Zunächst können wir beide Ungleichungen, die erfüllt sein müssen, umschreiben, denn in unserem Fall ist x_{0}=0 und f(x_{0})=0. Dadurch können wir schreiben: |x|<\delta und |f(x)|\geq \epsilon .
Wahl eines geeigneten \epsilon >0
Wir betrachten nun den Graphen der Funktion f – dieser hilft uns nämlich unsere „Beweisbausteine“ zu finden:
Wir müssen ein \epsilon >0 finden, so dass es stets Funktionswerte im Bereich (x_{0}-\delta ,x_{0}+\delta )=(-\delta ,\delta ) gibt, die einen Abstand größer gleich \epsilon von f(x_{0})=f(0)=0 haben – egal wie klein \delta ist. Sprich: Egal, welches \delta wir wählen, es gibt immer Punkte die oberhalb oder unterhalb des 2\epsilon -2\delta -Rechtecks liegen.
In der Grafik erkennen wir, dass die Funktion in der Nähe des Nullpunkts unendlich oft zwischen -1 und 1 oszilliert. Damit bietet sich ein \epsilon \leq 1 an. Dann gibt es nämlich immer Funktionswerte in jeder noch so kleinen Umgebung von der Null mit |f(x)|\geq 1. Wir wählen \epsilon ={\tfrac 12}. In der folgenden Grafik ist dies illustriert:
Im Beweis müssen wir nach der Wahl von \epsilon das \delta beliebig größer Null wählen. Das machen wir dann auch.
Wahl eines geeigneten x\in \mathbb{R}
Wir haben \epsilon ={\tfrac 12} gesetzt. Es muss nun gelten \left|\sin \left({\tfrac 1x}\right)\right|\geq {\tfrac 12}. Damit diese Bedingung erfüllt ist, können wir solche x mit \sin \left({\tfrac 1x}\right)=1 wählen. Nun ist \sin(a)=1 genau dann, wenn a={\tfrac \pi 2}+2k\pi für ein k\in \mathbb{Z} ist. Für die gesuchten x gilt also:
{\frac {1}{x}}={\frac {\pi }{2}}+2k\pi \iff x={\frac {1}{{\frac \pi 2}+2k\pi }}
Damit haben wir verschiedene x gefunden, für die |f(x)|\geq \epsilon gilt. Jetzt muss noch die erste Bedingung |x|<\delta beachtet werden. Unsere x hängen von k ab. Wir müssen ein geeignetes k mit k\in \mathbb{Z} finden, so dass |x|<\delta erfüllt ist. Setzen wir also in diese Ungleichung |x|<\delta die gefundene Gleichung x={\tfrac {1}{{\tfrac \pi 2}+2k\pi }} ein und stellen sie nach k um:
{\begin{aligned}\left|x\right|<\delta &\iff \left|{\frac {1}{{\frac \pi 2}+2k\pi }}\right|<\delta \\[0.5em]&\iff {\frac {1}{{\frac \pi 2}+2k\pi }}<\delta \\[0.5em]&\iff 2k\pi +{\frac \pi 2}>{\frac 1\delta }\\[0.5em]&\iff 2k\pi >{\frac 1\delta }-{\frac \pi 2}\\[0.5em]&\iff k>{\frac {1}{2\pi }}\left({\frac 1\delta }-{\frac \pi 2}\right)\end{aligned}}
Dies liefert den Ausdruck k>{\tfrac {1}{2\pi }}\left({\tfrac 1\delta }-{\tfrac \pi 2}\right). Wählen wir also eine natürliche Zahl k, die größer als {\tfrac {1}{2\pi }}\left({\tfrac 1\delta }-{\tfrac \pi 2}\right) ist, so ist |x|<\delta erfüllt. Ein solches k muss nach dem archimedischen Axiom existieren. Wählen wir ein solches k und definieren damit das x über x={\tfrac {1}{{\tfrac \pi 2}+2k\pi }}, haben wir sowohl |x|<\delta als auch |f(x)|\geq \epsilon gegeben. Damit sind alle Bausteine für den Beweis gefunden und dieser muss nur noch sauber aufgeschrieben werden.
Beweis
Wähle \epsilon ={\tfrac 12} und sei \delta >0 beliebig. Wähle eine natürliche Zahl k, so dass k>{\tfrac {1}{2\pi }}\left({\tfrac 1\delta }-{\tfrac \pi 2}\right). Eine solche natürliche Zahl k muss nach dem Archimedischen Axiom existieren. Weiter sei x={\tfrac {1}{{\frac \pi 2}+2k\pi }}. So gilt:
{\begin{aligned}k>{\frac {1}{2\pi }}\left({\frac 1\delta }-{\frac \pi 2}\right)&\implies 2k\pi >{\frac 1\delta }-{\frac \pi 2}\\[0.5em]&\implies 2k\pi +{\frac \pi 2}>{\frac 1\delta }\\[0.5em]&\quad {\color {OliveGreen}\left\downarrow \ {\frac 1a}>{\frac 1b}>0\iff 0<a<b\right.}\\[0.5em]&\implies {\frac {1}{{\frac \pi 2}+2k\pi }}<\delta \\[0.5em]&\quad {\color {OliveGreen}\left\downarrow \ {\frac {1}{{\frac \pi 2}+2k\pi }}>0\right.}\\[0.5em]&\implies \left|{\frac {1}{{\frac \pi 2}+2k\pi }}\right|<\delta \\[0.5em]&\quad {\color {OliveGreen}\left\downarrow \ x={\frac {1}{{\frac \pi 2}+2k\pi }}\right.}\\[0.5em]&\implies \left|x\right|<\delta \end{aligned}}
Weiter ist:
{\begin{aligned}\left|f(x)-f(0)\right|&=\left|\sin \left({\frac 1x}\right)-0\right|\\[0.5em]&\quad {\color {OliveGreen}\left\downarrow \ x={\frac {1}{{\frac \pi 2}+2k\pi }}\right.}\\[0.5em]&=\left|\sin \left({\frac \pi 2}+2k\pi \right)\right|\\[0.5em]&\quad {\color {OliveGreen}\left\downarrow \ \sin \left({\frac \pi 2}+2k\pi \right)=1\right.}\\[0.5em]&=\left|1\right|\geq {\frac 12}=\epsilon \end{aligned}}
Damit ist die Funktion unstetig an der Stelle x_{0}=0.
Übungsaufgaben
Epsilon-Delta-Kriterium: Vorzeichenfunktion
Übung: Unstetigkeit der Vorzeichenfunktion
Beweise, dass die Vorzeichenfunktion \operatorname{sgn} :\mathbb{R} \to \mathbb{R} mit folgender Zuordnungsvorschrift unstetig ist:
\operatorname{sgn}(x)={\begin{cases}1&x>0\\0&x=0\\-1&x<0\end{cases}}
Wie komme ich auf den Beweis?
Um die Unstetigkeit zu beweisen, müssen wir eine Unstetigkeitsstelle der Funktion finden. Schauen wir uns hierzu den Graphen der Funktion an:
Man sieht, dass die Funktion an der Nullstelle einen Sprung aufweist. Bei x_{0}=0 sollte sich also eine Unstetigkeitsstelle befinden. Nun müssen wir ein \epsilon >0 finden, für welches kein \delta >0 gefunden werden kann, so dass die Funktion komplett im 2\epsilon -2\delta -Rechteck liegt. Hier müssen wir \epsilon kleiner als die Sprunghöhe 1 wählen – zum Beispiel \epsilon ={\tfrac 12}. Egal welches \delta >0 wir nun vorgeben, es muss Funktionswerte unter- oder oberhalb des 2\epsilon -2\delta -Rechtecks geben.
Sei also \delta >0 beliebig. Wir müssen nun zeigen, dass es ein x mit |x-x_{0}|<\delta und |f(x)-f(x_{0})|\geq \epsilon gibt. Schauen wir uns zunächst die Ungleichung |x-x_{0}|<\delta an:
|x-x_{0}|<\delta {\stackrel {x_{0}=0}{\iff }}|x|<\delta
Bei der Ungleichung |f(x)-f(x_{0})|\geq \epsilon ergibt sich:
{\begin{aligned}{\begin{array}{rrl}&|f(x)-f(x_{0})|&\geq \epsilon \\[0.5em]\iff &|\operatorname{sgn}(x)-\operatorname{sgn}(x_{0})|&\geq {\frac 12}\\[0.5em]\iff &|\operatorname{sgn}(x)-\operatorname{sgn}(0)|&\geq {\frac 12}\\[0.5em]\iff &|\operatorname{sgn}(x)|&\geq {\frac 12}\end{array}}\end{aligned}}
Das x muss damit so gewählt werden, dass |x|<\delta und |\operatorname{sgn}(x)|\geq {\tfrac 12} ist. Beginnen wir mit der zweiten Ungleichung |\operatorname{sgn}(x)|\geq {\tfrac 12}. Für x\neq 0 ist \operatorname{sgn}(x) entweder 1 oder -1. Für x\neq 0 gilt somit immer |\operatorname{sgn}(x)|=1\geq {\tfrac 12}.
Blicken wir nun auf die Ungleichung |x|<\delta . Wie wir gerade geschlossen haben, soll x\neq 0 sein. Dies ist zum Beispiel für alle x mit 0<x<\delta erfüllt. Wählen wir also für x den Mittelwert zwischen 0 und \delta mit x={\tfrac {0+\delta }{2}}={\tfrac \delta 2}.
Dies sehen wir auch in folgender Grafik. Hier haben wir das 2\epsilon -2\delta -Rechteck mit \epsilon ={\tfrac 12} und \delta ={\tfrac 12} eingetragen. Alle Punkte, die unter- oder oberhalb des Rechtecks liegen, sind rot markiert. Dies sind alle x im Intervall (-\delta ,\delta ) mit x\neq 0. Unsere Wahl x={\tfrac \delta 2} ist gesondert markiert und liegt oberhalb des Rechtecks:
Die Wahl von x={\tfrac \delta 2} reicht aus.
Beweis
Wir setzen x_{0}=0. Außerdem wählen wir \epsilon ={\tfrac 12}. Sei \delta >0 beliebig. Wählen wir x={\tfrac \delta 2}. Zum einen ist:
{\begin{aligned}{\begin{array}{rrl}&{\frac 12}&<1\\[0.5em]\implies &{\frac 12}\delta &<\delta \\[0.5em]\implies &\left|{\frac 12}\delta \right|&<\delta \\[0.5em]\implies &\left|{\frac 12}\delta -0\right|&<\delta \\[0.5em]\implies &|x-x_{0}|&<\delta \end{array}}\end{aligned}}
Zum anderen ist
{\begin{aligned}|f(x)-f(x_{0})|&=|\operatorname{sgn}(x)-\operatorname{sgn}(x_{0})|\\[0.5em]&=\left|\operatorname{sgn} \left({\frac \delta 2}\right)-\operatorname{sgn}(0)\right|\\[0.5em]&=\left|1-0\right|\\[0.5em]&=1\\[0.5em]&\geq {\frac 12}=\epsilon \end{aligned}}
Damit ist \operatorname{sgn} an der Stelle x_{0}=0 unstetig und somit insgesamt unstetig.